„Der Mensch ist ein Gewohnheitstier“ – gilt auch für Corona-Zeiten!

Der Sinnspruch aus der heutigen Überschrift steht in Anführungszeichen. Wird als Zitat dem deutschen Schriftsteller Gustav Freytag zugesprochen. Der hat im neunzehnten Jahrhundert Bücher verfasst zum Dreißigjährigen Krieg, zur Technik des Dramas oder auch das vielbeachtete Gesellschaftsportrait „Soll und Haben“. Die beiden gegensätzlichen Protagonisten dieses Romans starten als Kaufleute, was uns als Themenbrücke zu unserem heutigen Beitrag bringt.

Gewohnheit. Scheint für uns ein mächtiges Instrument zu sein. Hilft dabei, neue, erstrebenswerte Eigenschaften zu verfestigen, wenn diese eine bestimmte Zeit lang stur und im stetigen (täglichen) Rhythmus wiederholt werden. Experten sprechen hier von 30-40 Tagen. Klappt bei dem Ziel, regelmäßig Sport zu treiben genau so, wie beim Vorhaben, mit einem gesunden Frühstück in den Tag zu starten. Funktioniert aber auch umgekehrt. Mit sporadischer Willensanstrengung, per gutem Vorsatz oder durch lose Absichtserklärungen werden Gewohnheiten maximal temporär verändert, bevor man wieder im alten Trott unterwegs ist. Gilt anscheinend auch für so einschneidende Ereignisse wie die Corona-Krise.

Diese Gedanken kommen mir in den Sinn, lese ich doch die aktuellen Befragungsergebnisse des Crowdsourcing Dienstleisters POSpulse. Über die App „Streetspotr“ wurden vom Berliner POS-Dienstleister nach Mai und Juni nun zum dritten Mal Shopper danach befragt, ob und wie sich ihr Einkaufsverhalten während der Corona-Zeit verändert hat. Im Gegensatz zu einigen internationalen Befragungen renommierter Beratungsgesellschaften wie BCG, Accenture u. a. basieren die Studienergebnisse von POSpulse übrigens auf einer repräsentativen Anzahl von Interviewten. Knapp 1.300 Shopper wurden befragt. In Deutschland. Vergleichen Sie das bitte mit der Anzahl von 3.074 Probanden, die von Accenture in 15(!) verschiedenen Staaten Anfang April weltweit interviewt wurden. Das sind im Durchschnitt pro Markt gerade mal gut 200 Personen. Das ist besser als nichts, aber auch nicht wirklich repräsentativ. Insbesondere, weil zum Zeitpunkt der Befragung die Corona-Situation in den einzelnen Ländern zwischen Fernost und neuer Welt sehr unterschiedlich war.

Kommen wir zurück zur Gewohnheit. Lernen wir aus der aktuellen Erhebung doch, dass fast 75 Prozent der Shopper seit dem Ausbruch von Corona weiterhin ihre gewohnten Lebensmittelmarken kaufen. Drei von vier haben in dieser Hinsicht also nichts verändert. Folgerichtig liegt der Anteil derer, die überhaupt einmal neue Lebensmittel-Produkte testweise im letzten Monat erworben haben, bei weniger als 40%; dies vergleichbar mit der Mai-Befragungswelle. Keine signifikante Änderung also im Einkaufsverhalten.

Knapp 75 Prozent der Shopper kaufen ihre Lebensmittelmarken
auch in Corona-Zeiten wie gewohnt.
Weniger als 40% glauben, dass sich ihr Einkaufsverhalten in den kommenden Monaten verändern wird.
Auch hier zeigt sich: es wird auf Gewohntes gesetzt.

Einige kleine Veränderungen, die gibt es freilich. Schauen wir genau hin. Betrachten uns die Statement-Batterie zum Thema „Einkaufsort“. Erkennen: die Hälfte der Shopper hat das Einkaufsverhalten hinsichtlich der Einkaufssstätte wegen Corona nicht verändert. Die anderen gut 50 Prozent zeigen – auch im Vergleich zum Mai – interessante Tendenzen. Unverändert: die Freude am Einkaufen wird durch die Corona-Rahmenbedingungen geschmälert. Die Psycho-Marktforscher vom Rheingold-Institut sprechen auch vom „Leben wie im Geisterspiel“, in dem die Maske wie ein „Filter zur Außenwelt“ wirkt. Zurück zum Einkaufsverhalten. Die – meist zweimal wöchentlich erfolgenden – Shoppingtouren werden zunehmend in der Nachbarschaft und vermehrt in einem einzigen Markt durchgeführt. Dieser darf gern auch größer sein, damit die Auswahl passt. Das wird gut aufgestellte Vollsortimenter in städtischen Lagen freuen.

Recht stabil: keine Veränderungen hinsichtlich Einkaufsort bei knapp der Hälfte der Shopper. Einige neue Verhaltensweisen scheinen sich zu etablieren.

Positive Signale für die kommenden Monate gibt die Studie auch her. Die meisten LEH-Kunden spüren (bisher) keine finanziellen Einbußen und mehr als ein Drittel will Urlaub in Deutschland machen. Dieser Mix könnte auf den heimischen Verkaufsflächen in den kommenden Wochen für einen Schub sorgen. Vertrauen wollen die Kunden dabei auf ihre gewohnten Marken. Eine Steilvorlage also für professionelles POS-Marketing in der Sommerzeit!

Mit diesem perspektivischen Sonnenstrahl für unser Business geht es hier im Blog in die zweiwöchige Sommerpause.

Bleiben Sie zuhause? Dann wünsche ich Ihnen eine erholsame Zeit in Garten, Schwimmbad und auf Wanderwegen. Den Urlaubern eine schöne Reise und – allen gute Gesundheit!

Studien-Links:

POSpulse:
„Veränderungender Einflüsse der Corona-Pandemie auf Einkaufs- und Konsumpräferenzen in den letzten Monaten.“

Accenture:
„How COVID-19 will permanently change consumer behavior“