B2B-Anzeigen: Mini-Formate mit maximalen Anforderungen

Wie wichtig Fachmedien für die B2B Kommunikation in Richtung Handel sind, wissen wir und in mehreren Beiträgen habe ich entsprechende Studien zum Thema zitiert. Habe anhand zahlreicher Beispiele anschaulich erläutert, worauf es bei der Entwicklung von Fachkampagnen ankommt, damit diese effektiv arbeiten und ihre Ziele erreichen können. Mich dabei freilich meist an ganzseitigen Annoncen orientiert. Schwieriger sind Kleinformate. Schwieriger nicht nur für den Betrachter, sondern auch anspruchsvoller für die Absender und deren Kreativ-Team. Müssen die Gestalter doch auf der enger begrenzten Fläche von Halb- oder Viertelseiten ihre Botschaft ähnlich gut und wirksam platzieren, wie auf großflächigen Motiven. Trifft ganz besonders für Mini-Formate zu, die oft noch kleiner sind als der berühmte Steuererklärungs-Bierdeckel. Der Frage, ob und wie es gelingen kann, auch auf diesen kleinsten Werbeflächen – eingebettet ins redaktionelle Umfeld – eine große Wirkung zu erzielen, widmet sich der heutige Beitrag.

Finden wir in der Lebensmittel Zeitung vom 05.06. auf Seite 6 zwei Beispiele für Mini-Fachanzeigen. Links eine vom Wurst- und Schinkenspezialisten Gugel aus der Oberpfalz, rechts eine weitere von den Württemberger Weingenossenschaften:

Mini-Formate in der LZ vom 05. Juni 2020


Die Anzeigen haben identische Abmessungen und inhaltlich ähnliche Aussagen („Bayrisches Original“ vs. „Von hier, von uns“), allerdings völlig unterschiedliche Wirkungskraft.

Beginnen wir beim Schinkenspeck aus dem Hause Gugel: sehr plakativ, sehr gut lesbar und schnell zu erfassen. Text und Bild harmonieren vorzüglich und selbst dem eiligen Leser bleibt der Markenname in direkter Verbindung mit der beworbenen Warengruppe in Erinnerung. Das Siegel mit dem Markenlogo vor der blau-weißen bayrischen Raute unterstützt die textliche Information zusätzlich und sehr prägnant. Nette Kreatividee: per imperativem Wortspiel mit dem Unternehmensnamen und der entsprechenden Internetdomain einen Bezug zur populärsten Online-Suchmaschine herzustellen.

Prädikat: vorbildlich!

Wurstspezialitäten mit Wortwitz aus Bayern:
Mini-Anzeige für Gugel


Betrachten wir die Anzeige der Württemberger Weingärtnergenossenschaften aus dem westlichen Nachbarbundesland und fragen uns: Warum schaffen es die württemberger Winzer nicht, mit ihrer Mini-Annonce einen ähnlich guten Effekt zu erzielen wie die bayrischen Metzger?

Mehrere Gründe. Beginnen wir bei der Überschrift. Schwarze Typo auf blauem Grund bietet oft zu wenig Kontrast fürs Auge und macht das Lesen mühsam. Zudem hat der Gestalter eine Schreibschrift gewählt, welche die schnelle Erfassung von Texten zusätzlich erschwert. Zwei Hürden für den Betrachter also gleich zum visuellen Einstieg ins Motiv. Darunter folgt eine bildliche Gegenüberstellung von Grillgut auf einem Rost nebst Angabe der idealen Gartemperatur und einem Wein im Glas, der – laut Beschreibungstext – bei 11 Grad Celsius schmeckt. Wer so weit gekommen ist, muss also überlegen, was der Anzeigendichter mit diesem Vergleich mitteilen möchte? Vermutet werden darf, dass es sich um einen Wein der Württemberger handelt, der mit der angegebenen Temperatur besonders gut zu den abgebildeten – im Miniformat leider schwer erkennbaren – Köstlichkeiten vom Grill mundet. Die durchschnittlichen maximal 5 Sekunden  Betrachtungsdauer von Anzeigen haben wir nun freilich längst hinter uns gelassen, wissen aber immer noch nicht, was genau das Motiv zu bewerben beabsichtigt. Dies erfahren wir ganz am Ende des Werbefelds, im Kleingedruckten.

Fazit:
Je kleiner die Anzeige, desto wichtiger wird die Gestaltungsdisziplin. Gemeint ist die Reduktion auf das essentielle Minimum an Elementen. Mag bei großformatigen Annoncen ein Zuviel an Text verzeihlich oder gegebenenfalls sogar eine – nicht unbedingt fürs Verständnis der Botschaft erforderliche – subtile Verbindung zwischen Überschrift, Bild und Markenlogo herstellen, schadet es Mini-Anzeigen garantiert. Auch der Einsatz unterschiedlicher Schrifttypen und die Verwendung mehrerer keiner Bilder führen zur Überfrachtung. Also, überfordern Sie weder ihre Kreativen noch die Adressaten mit zu vielen Inhalten in kleinen Motiven. Erstellen Sie eine Prioritätenliste der Kommunikationsbotschaften und fokussieren Sie sich auf die (eine!) wichtigste Aussage!

Dabei viel Erfolg wünscht Ihnen Ihr

gernot@ugw.de