Ambivalente Shopper … zwischen Wunsch und Wirklichkeit

Umfrageergebnisse und tatsächliches Verhalten stimmen in vielen Themenfeldern nicht überein. Beispiel: Integration: „ja“, Flüchtlingsunterkunft in der Gemeinde: „nein“. Klimaschutz: „aber sicher“, Verzicht auf Fernreisen: „lieber nicht“. Gesund ernähren: „wichtig wichtig“, frisches Gemüse statt leerer Kohlenhydrate essen: „wo bleibt dann der Genuss?“ Verzicht auf Verpackungen: „na sicher!“, unverpackte Waren kaufen: „im Moment eher nicht“. Und so weiter, die Liste ließe sich noch einige Seiten weiterführen. Und Sie als Marketing-Experte kennen sicher auch die Divergenz zwischen dem Meinungsbild in einer Studie und harten Verkaufszahlen. 

Solche Gedanken gingen mir durch den Kopf, als ich in der Woche 10 bei der Lektüre der Lebensmittel Zeitung auf zwei Artikel stieß, die sich im Prinzip mit identischen Themen beschäftigten: dem Tierwohl in Verbindung mit Rewe, wenn Sie einen Blick darauf werfen möchten:

Tierwohl adieu …
… willkommen Brüder!

Einerseits die Einstellung des Tierwohl-Programms bei Penny, weil die Kunden nicht bereit waren, für Tierwohl-Fleisch einen höheren Preis zu zahlen. Stelle ich mir gerade die entsprechende Befragung unter Penny-Kunden vor (Interviewer: “Wären Sie bereit, für Fleisch einen höheren Preis zu zahlen, damit die Tiere nicht gequält werden?“). Die Antwort können wir uns denken.

Andererseits die Botschaft, dass nun keine Millionen von männlichen Küken mehr bei der Mast geschreddert werden. Ich weiß nicht, wie es Ihnen geht, aber als ich zum ersten Mal vom Kükentöten erfuhr, glaubte ich fast an „Fake News“. Warum eine solch abartige und ekelhafte Praxis in einem entwickelten Land erlaubt wird, ist mir unbegreiflich. Nun, Rewe scheint das mittlerweile ähnlich zu beurteilen und will ab sofort darauf verzichten. Bei Bio-Eiern wohlgemerkt. Was ist mit den – quantitativ sicher anteilsstärkeren – „Massenproduktions-Eiern“? Diese Beispiele zeigen: in Sachen konsequente Umsetzung von wünschenswerten Erzeugungsprozessen im Frischebereich sind wir noch ein sehr großes Stück entfernt.

Finde ich noch ein weiteres Beispiel für die konsequente Inkonsequenz der Shopper, diesmal im März-Heft der LZdirekt. Basierend auf einer Befragung von einigen hundert Lebensmittelhändlern in Sachen Kaufverhalten der Shopper rund ums Thema „Grillen“. Dort erkennen wir: über die Hälfte der Kunden experimentiert mit Patties aus Premiumfleisch. Und was ist Ihnen beim Kauf von Fleisch am wichtigsten? Überraschung: der Preisvorteil. Der schlägt das Kriterium „aus artgerechter Haltung“ und alle weiteren Qualitäts- und Nachhaltigkeits-Kriterien locker. Sieht also fürs Premiumfleisch und Bio nicht rosig aus an der Fleischtheke.  

Fazit und Learning:
Zwischen dem, was Shopper sagen und ihrem Verhalten gibt es oft keine Übereinstimmung. Deshalb verlassen wir uns nicht (nur) auf allgemeine Trendumfragen, sondern lernen unsere Shopper besser kennen. Wie wir das tun? Beobachten, begleiten und segmentieren. Denn: die konsequent nachhaltig interessierten und kaufenden Kunden gibt es schon. Es gibt aber auch einen großen Anteil derer, die vorwiegend nach Schnäppchen schauen und beim günstigsten Preis zugreifen. Und dann gibt es noch – und das ist oft der größte Anteil – jene, die mit Kommunikation erreichbar und für schlüssige Argumentationen offen sind. Darüber, wie und wo sie diese Kunden finden, wie sie ihre Einkäufe planen und mit welchen Werbemitteln sie erreichbar sind, geben Shopper-Studien Auskunft. Ein Basiswerk für dieses Thema ist die SCAN 2.0-Studie: