Brennpunkt POS: Der Haken zur Hygiene-Hysterie

Nach Studium des Anzeigenblatts vom beliebtesten Discounter Deutschlands (lt. Kundenmonitor) am gestrigen Abend, folgt heute ein spontaner Impuls-Beitrag. Richtig gelesen, neben einschlägiger Fachlektüre für Wirtschaft, Marketing, Vertrieb und Handel gehören auch die wöchentlichen Angebotshefte von Supermärkten, Discountern & Co. zur Standard-Lektüre, um über das jeweils aktuelle Geschehen am POS informiert zu sein. Dort findet sich immer wieder Überraschendes, so auch gestern. Blieb mein Blick also auf Seite 17 der Aldi-Angebotsparade für die Woche ab Donnerstag, den 28. Mai hängen. Woran? Schauen Sie doch selbst:

Multifunktionstool für die Corona-Krise:
der Hygiene-Haken bei Aldi Süd

Drei Reaktionen löste die Artikelbeschreibung bei mir aus. Erstens Überraschung über ein Accessoire, das mir persönlich bisher nicht bekannt war (falls geneigte Leser wissen, wie das Gadget angewendet wird, freue ich mich über aufklärende Zuschriften). Danach leichtes Amüsement darüber, wie sich die Corona-Krise und ihre Begleiterscheinungen in Form dieses Problemlösungsprodukts manifestiert. Drittens schließlich allerdings auch Nachdenklichkeit: wohin soll diese Entwicklung führen?

In der Tat, nutzen wir demnächst Teleskop-Greifarme, mit deren Hilfe wir Produkte aus Regalen nehmen, bevor wir den desinfizierten Einkaufswagengriff umklammern? Ist es zu weit hergeholt, ein nahezu völlig berührungsfreies hyper-hygienisches Zukunftsszenario für die Shoppingtour zu entwerfen, in dem wir von Drehkreuz bis Kasse gelangen? Von der automatisch öffnenden Eingangstür bis zum kontaktlosem Bezahlen via Smartphone? Vom Einkaufswagen den wir entweder mit behandschuhten Fingern durch die Gänge schieben oder der vom humanoiden KI-Kollegen für uns gesteuert wird? Bots, die uns beim Einkauf assistieren, Produkte einpacken und uns bis zum Ausgang bzw. Parkplatz begleiten? In der Tat wurde mir davon berichtet, dass Bekannte ihre Einkäufe zuhause erst einmal gründlich mit Desinfektionsspray einer antibakteriellen, antiviralen Säuberungsaktion unterziehen, bevor sie diese in Vorrats- oder Kühlschrank räumen.

Befinden wir uns auf dem Weg in die Hygiene-Hysterie?

Vielleicht sollten wir uns aber auch daran erinnern, dass der Mensch in vergangenen zig-tausend Jahren mit einer anderen Strategie überlebt und sich entwickelt hat. Nicht mit der Flucht, nicht mit dem Schutz vor Keimen, Bakterien und Viren. Sondern mit Hilfe seines

Immunsystems!

Tatsächlich sind unsere Vorfahren durch eine starke Immunabwehr mit mutierten Viren und Bakterien fertiggeworden (da denken wir an die medial inflationär verwendeten Formulierung „neuartiges Corona-Virus“). Die haben ihr Immunsystem also so kompetent gemacht, dass es mit immer wieder neuen Arten von Erregern fertig wurde. Haben sich freilich nicht von industriell verarbeiteten, nährstoffarmen Fertiggerichten aus Massenproduktion ernährt. Hatten durchaus auch weniger (medialen) Stress als wir heute. Dafür aber mehr Bewegung (jagen und sammeln waren tägliche körperliche Herausforderungen). Vielleicht kennen Sie den Begriff der

Stillen Feiung?

Gemeint ist damit die adäquate Immun-Antwort des Körpers auf Infektionen mit Krankheitserregern. Beantwortet die Frage: warum sind manche Kinder nie krank und andere schleppen sich von einer Erkältung, einer Allergie zur nächsten? Diese Antwort geben zu können, wäre sowohl in der aktuellen Krise, als auch in den (mit Sicherheit!) kommenden Virus-Pandemien überlebenswichtig. Damit wir uns eben nicht zu einer kontakt- und körperlosen Konsumgesellschaft im Panik-Modus entwickeln. Sondern auch künftig noch mit Genuss einkaufen und mit allen Sinnen ‚be-greifen‘ können, was wir konsumieren. Auch für die Stärkung der Abwehr gibt es übrigens im Aldi Prospekt ein entsprechendes Angebot: Vitamine, Whey-Proteine sowie Bio-Obst und -Gemüse.

Bleiben Sie gesund!