Für alle Spätgeborenen sei kurz erläutert; die „Heiße Hexe“ aus der Überschrift hat nichts mit Halloween zu tun. Diesen mystischen Namen hatte sich in den 80‘er Jahren Langnese-Iglo ausgedacht für ein Convenience-Food System, das Händler und Kioskbetreiber ohne eigene Küche nutzen konnten. Wurde nach und nach von anderen Angeboten abgelöst und wäre heute mit seinem Pragmatismus und insbesondere der Speisenqualität kein ernstzunehmender Wettbewerber mehr für die immer hochwertigeren Angebote an Speisen im Handel.
Mit der Gastronomie im LEH kam es mir lange Zeit ein wenig so vor, wie bei dem Angebot an Fitnessgeräten in gehobenen Hotels. Die Kunden freuen sich darüber, dass es sie gibt, genutzt wird die Offerte jedoch von den wenigsten. Nun, die Handelsgastronomie hat sich in den letzten Jahren verändert. Hat sich professionalisiert, wuchs stetig (rund 4 Prozent) seit 2017 und ist mit einem Jahresumsatz von ca. 10 Mrd. Euro ein relevanter Wirtschaftsfaktor geworden. Allerdings gilt es zu differenzieren, in diesem beachtlichen Volumen sind – von der heißen Theke im Vorkassenbereich bis zum to go-Angebot in Tankstellen – alle Umsätze mit gastronomischen Angeboten aus dem Handel erfasst, wie uns die Grafik vom EHI zeigt:
Die Qualität und die strategische Bedeutung fürs Stammgeschäft sind in den jeweiligen Segmenten höchst unterschiedlich. So bietet die Möglichkeit hungrigen Kraftfahrern Speisen und Getränke mit auf den Weg zu geben, für Tankstellenpächter eine wichtige zusätzliche Einnahmequelle. Hingegen fremdeln so manche etablierten LEH-Profis damit, sich nicht nur als Händler, sondern auch als Gastwirt zu positionieren. Nicht zuletzt, weil sie sich mit einem Invest in Infrastruktur, Personal und Speisenauswahl in Konkurrenz zu etablierten Restaurants setzen und diesem Vergleich standhalten müssen. Diesen Vergleich scheinen allerdings immer weniger Händler zu scheuen, lässt sich doch – in Analogie zu den Verkaufsflächen – ein Trend zum „Trading up“ feststellen. Genau untersucht haben diese Entwicklung jüngst die Forscher vom EHI und haben für ihre Studie „Handelsgastronomie in Deutschland 2020“ Entscheider aus 18 filialisierten deutschen Handels- und Tankstellenkonzernen sowie zwei Unternehmen aus der Schweiz und Österreich interviewt.
Ein interessantes Ergebnis betrifft übrigens die derzeit ganz besondere Situation, entstanden durch die Regelungen in Verbindung mit der Corona Pandemie. So zeigte die Untersuchung, dass die Handelsgastronomie von der Krise weniger stark betroffen war (und ist) – insbesondere im Lebensmittelhandel – als die klassische Gastronomie. Liegt an der Neigung der Kunden, möglichst alle Erledigungen im Rahmen eines „One-Stop-Shopping“ zu bewältigen. Freilich bietet die Krisensituation und der nun ab 01. November in Kraft tretende „Lockdown Light“ auch für die etablierten Restaurants Chancen. Den Trend, gerade jetzt in der dunkleren und kälteren Jahreszeit, eher zu Hause zu bleiben, können Gastronomen für Lieferdienst-Angebote nutzen. Damit und mit der finanziellen staatlichen Unterstützung kann es gelingen die kommenden vier Wochen ohne größere Verluste durchzustehen.
Ein Blick noch auf die Handelsgastronomie. Für die Wahl der Einkaufsstätte ist den LEH-Kunden das Angebot an Gastronomie übrigens nicht besonders wichtig. Es rangiert für die LEH-Shopper sogar sehr weit hinten in der Relevanz-Skala, wie das folgende Schaubild zeigt. Und, soviel sei verraten, dies hat sich auch durch Corona nur sehr unwesentlich verändert, wie uns der brandneue POS-Marketing-Report 2021 zeigen wird.