Shopper-in-Action – Sind Apps für Markenartikel sinnvoll?

Top-Apps: Plattformen und Nachrichten

Wir erinnern uns: Schon auf den ersten Mobiltelefonen gab es vorinstallierte Applikationen wie Kalender, Taschenrechner oder Spiele. Heute kann der geneigte Smartphone-Nutzer aus Millionen unterschiedlicher und hochspezifischer Apps auswählen. Die ungefähr 80 Apps, die der durchschnittliche deutsche Handybesitzer auf seinem Mobilgerät hat, nehmen sich dagegen bescheiden aus. Von diesen sind eine ganze Reihe – je nach Marke und Betriebssystem – bereits fix vorinstalliert und es werden monatlich ca. 40 aktiv aufgerufen. Top-Apps mit den meisten Downloads sind, neben den populären Nachrichtenkanälen wie WhatsApp, Facebook & Co., solche von Datingplattformen, Streamingdiensten und – wer hätte es gedacht – der BILD. Sind also nicht in erster Linie Anwendungen, die bei der Planung oder Durchführung von Shoppingtouren behilflich sein könnten. Deshalb werfen wir mal einen Blick auf die beliebtesten Shoppings-Apps und stellen fest, dass unter den Top-15 mit Lidl nur ein Lebensmittelhändler vertreten ist; FMCG-Marken fehlen völlig.

Amazon vor den Ebays. Plattformen liegen vorn.

Die Plattform-Anbieter Amazon und Ebay liegen hier mit weitem Abstand vorne. Begründet selbstverständlich mit der überragenden Relevanz hinsichtlich Shopper-Bedürfnis. Diese Breite und Tiefe des Angebots kann ein einzelner Händler oder gar Markenartikler alleine niemals abbilden.

Welche Zielgruppe nemmi, Emmi?

Betrachte ich mir vor diesem Hintergrund heute früh die Anzeige von Emmi für die neue „Caffè Latte App“, erschienen in der aktuellen LZdirekt. Betrachten Sie doch einfach einmal mit:

Umsatzstark und Preise gewinnen: wer ist Adressat dieser Anzeige?

Warum bin ich an dieser Anzeige hängen geblieben? Nein, nicht weil sie ein gutes Beispiel für Optimierungsmöglichkeiten der Handelskommunikation bietet (obwohl das auch zutrifft). Nein, es poppten sofort vor meinem geistigen Auge mehrere Fragezeichen auf: Erstens: an wen richtet sich die in dem B2B-Fachmagazin geschaltete Anzeige eigentlich? Die wortspielerisch getextete Headline „App-solut umsatzstark“ ist eindeutig Handelsansprache. Darunter wird jedoch aufgefordert, „Jetzt (mit der …App) tolle Preise gewinnen!“, danach folgt die Abbildung der Gewinne. Ist das nun auch an die lesenden Handeslentscheider gerichtet? Falls nein, warum steht es dann so raumgreifend da und nicht etwas wie „Jetzt (…) tolle Preise für Ihre Shopper“ o. ä.? Warum erstreckt sich das Gewinnspiel überhaupt so prominent über eine halbe Anzeigenseite? Unklar! Zweitens: Was hat der Händler davon? Unten im Kasten ein Indiz, es soll eine „aufmerksamkeitsstarke POS- und Online-Kommunikation“ geben. Drittens: Worauf bezieht sich das Versprechen „Umsatzstark“ in der Überschrift? Aufs Gewinnspiel? Auf die App? Antwort auch erst unten im kleiner gedruckten Text „INNOVATIVE APP, IMPULSSTARKER ABVERKAUF“.

Mehr Umsatz mit einer Marken-App?

Nehmen wir dies als Überleitung zur Kernthema des heutigen Beitrags, wie wichtig Apps von Markenartikel-Anbietern für die Shopper sind. Eingangs haben wir bereits gelernt, dass sie weder zu den beliebtesten, noch zu den fürs Shopping relevantesten Applikationen gehören. Haben wir also im Rahmen unserer jüngsten Erhebungen die Kunden auf den Verkaufsflächen im LEH dazu befragt. Wollten also zunächst wissen, wie wichtig Apps von Marken für die Einkaufsplanung sind, hier das Ergebnis:

Apps am Ende der Hilfsmittel für die Einkaufsplanung
Auszug POS-Marketing-Report 2018

Apps von Marken spielen bei der Einkaufsplanung also eine sehr untergeordnete Rolle. Dass immerhin mehr als jeder zehnte Kunde solche digitalen Planungshilfen nutzt, finde ich sogar noch relativ viel. Differenziert das Bild, wenn wir uns die Aufteilung nach Altersgruppen ansehen:

Apps sind vor allem für Jüngere relevante Planungshilfen
Auszug POS-Marketing-Report 2018

Bei den unter 30-Jährigen nutzt immerhin schon knapp ein Viertel der Kunden die elektronische Planungshilfe von FMCG‘lern für die Einkaufsplanung. Dabei vergessen wir nicht, dass es im LEH hunderte von Marken gibt und behalten die durchschnittliche Anzahl von individuell heruntergeladenen Apps auf den Smartphones im Hinterkopf (ca. 50). Damit relativieren sich diese Zahlen für die einzelne Marke wieder.

Ein ähnlich ernüchterndes Bild beim Blick auf die genutzten Informationsquellen beim letzten Einkauf. Internetseiten von Marken rangieren hier weit abgeschlagen auf dem vorletzten Platz. Zwar ist der Anteil jüngerer Shopper, die darauf als Planungshilfe zurückgreifen doppelt so hoch wie bei den Senioren, allerdings mit 6 Prozent auf einem sehr geringen Niveau.

Marken-Websites beeinflussen die Einkaufsplanung nur sehr gering.
Auszug SCAN-Studie

Besser sieht es wieder aus, wenn es um die Attraktivität von Werbemitteln geht. Hier liegt die Smartphone-App zwar auch im hinteren Bereich, allerdings weniger abgeschlagen. Immerhin ein Viertel der jüngeren Shopper findet Apps als POS-Marketing-Werbemittel ansprechend. Achtung: es gibt hierbei keine Differenzierung zwischen Apps von Marken und solchen vom Handel!

Die Angebotsblätter des Handels sind nicht nur Top-Planungshilfe, sondern sprechen die Shopper auch am meisten an.
Apps rangieren weiter hinten, jedoch nicht abgeschlagen.
Auszug SCAN-Studie

Relevanz von Apps fürs Couponing

In einem Bereich des POS-Marketings haben sich Apps beim Shopper mittlerweile als Kommunikationstool etabliert. Coupons möchte mehr als jeder fünfte Kunde im LEH per App erhalten. Allerdings dürfen wir getrost davon ausgehen, dass die Nutzer in erster Linie digitale Rabattmarken von Dienstleistern (Payback) oder Händlern erwarten und weniger von jedem einzelnen Markenartikler.

Coupons per App sind bei den jüngsten Shoppern die präferierte Distributionsart. Knapp jeder Zweite möchte seine Rabattmarken digital und mobil erhalten.
Auszug POS-Marketing-Report 2018

Betrachten wir nun die Emmi Caffè Latte App unter all diesen Aspekten. Wir erkennen, die Marketingmanager des schweizer Milchverarbeiters sollten sich in Sachen Shopper-Relevanz keine allzu großen Hoffnungen machen, völlig unabhängig vom – sicher gut und professionell konzipierten – Inhalt der für Mai angekündigten App-Offensive. Als taktisches Instrument bietet das geplante Gewinnspiel allerdings einige Vorteile, kann es damit doch gelingen, die App zumindest für einen gewissen Zeitraum im Ranking der Downloads nach oben zu schießen. Wie das gelingen kann, zeigt dieser Beitrag.

Fazit:
Apps spielen als Planungshilfe für die Shoppingtour im LEH eine untergeordnete Rolle. Je jünger die Kunden auf der Verkaufsfläche sind, desto eher nutzen sie die digitalen Applikationen; auch in Form von POS-Marketing-Kommunikationsmitteln. Aufgrund der Vielzahl von Angeboten einerseits und der fehlenden Relevanz von Marken-Apps andererseits, sollten sich Markenartikler allerdings gut überlegen, ob sich das Invest in eine eigene App lohnt. Je breiter das Produkt- und Angebotportfolio und je höher die emotionale Bindung der Verwender einer Marke ist, desto stärker wird für die potenziellen Nutzer die Relevanz einer individuellen Marken-App sein. Als taktisches Tool, um kurzfristige intensive Kontakte zu den Verwender zu knüpfen, bietet sich die App – z. B. mit Hilfe eines Gewinnspiels – an. Hochrelevanter Content mit immer wieder neuen Impulsen vorausgesetzt.