Gratis Energy für hohe Rotations-Geschwindigkeit?

Letzte Woche kam mir die Hymne des „Fußball-Sommermärchens“ 2006 in den Sinn. Dem Refrain des Grönemeyerschen WM-Songs  „Zeit, dass sich was dreht“ folgend, geht die PepsiCo Deutschland GmbH mit dieser Hardselling-Mechanik für die Energy-Drink-Marke Rockstar in die Vollen:

Rockt das die Rotation?
Angebot für Gratis-Mitnahme
vom Energy Drink am POS.

Diese POS-Marketing-Aktion am Gondelkopf stoppte mich ähnlich wirkungsvoll wie weiland DfB-Verteidiger Per Mertesacker die gegnerischen Angreifer, als ich zügig durchs Mittelfeld eines Edeka-Getränkemarkts in Südhessen eilte. Die nachfolgende Recherche ergab, dass die Gratis-Abgabe nicht nur bei Edeka, sondern auch bei anderen Vollsortimentern wie Rewe und Kaufland angeboten wird. Doch warum verschenken die Neu-Isenburger ihre Halbliterdosen im Handel? Offensichtliche Antwort: Erzielung von massiven Probierkontakten und Erhöhung der Drehgeschwindigkeit des Artikels pro Vertriebsstelle. Anders formuliert: gekaufte Marktpenetration, um gegen die führenden Wettbewerber Monster und insbesondere Red Bull nicht den Anschluss zu verlieren:

Marktanteile im Energy-Drink-Segment
Quelle IRI / Statista

Unzweifelhaft – als taktische Maßnahme und temporär eingesetzt ist es legitim, dieses Vkf-Werkzeug zu verwenden, um Marken am POS einen „Push“ zu verpassen. Der Storecheck zeigt aber in diesem Fall wie wichtig es ist, auch die Absatzmittler – Händler und Handelspersonal – inhaltlich mitzunehmen und ausreichend zu informieren.

Wie es der Zufall wollte, arbeitete ein Marktmitarbeiter am Nachbarregal, als ich vor der Rockstar-Aktionsplatzierung stand. Auf die Promotion angesprochen und mit der Frage konfrontiert, ob die Ware tatsächlich gratis verteilt werde, hob der nette Edekaner fragend die Augenbrauen und studierte die Teilnahmebedingungen auf dem vom Regalblock abgerissenen Promotion-Flyer eingehend:

Danach immer noch nachdenkliches Stirnrunzeln und ratloses Schulterzucken auf meine Frage, ob man denn in den Genuss eines zusätzlichen Gratis-Vorteils nur dann käme, wenn man auch eine Dose regulär erwerbe. Zwei Kunden, die unsere Unterhaltung am Rande verfolgten, äußerten sich skeptisch; die kostenlose Warenausgabe sei doch eher unwahrscheinlich, es müsse einen Haken geben. Auch der Kassierer konnte die entsprechende Frage nicht beantworten und erst der Praxistest am Scanner zeigte: Ja, in der Tat dürfen die 0,5-Liter-Dosen kostenlos mitgenommen werden. Offensichtlich waren zumindest Teile des Marktteams von Edeka Jacobi überhaupt nicht mit dieser – doch nicht ganz alltäglichen – Promotion vertraut. Das ist zwar nicht repräsentativ, aber dennoch schade, hätte diese spektakuläre und bedingungslose Abverkaufsmechanik doch die volle Unterstützung der Retailer verdient.

Nur das Pfand wird berechnet:
Der Abgabepreis wird an der Kasse zu 100% rabattiert

Machen wir uns also heute wieder einmal bewusst, wie wichtig die Integration aller Absatzstufen ist, wenn wir Ware und Aktionen wirkungsvoll auf die Verkaufsflächen bringen und die Händler als Verstärker dieser Maßnahmen nutzen wollen. Doch wie können wir die Entscheider am POS einbeziehen, wie schaffen wir es, die wesentlichen Informationen bei Marktmanagern effektiv zu platzieren? Indizien finden wir in den Antworten auf die Frage, welche Informationsmedien für LEH-Betreiber wichtig sind:

Ranking der B2B-Medien für den LEH:
auf diese Informationsquellen bauen Händler.
Quelle: POS-Marketing-Report 2020

Zweifellos müssen wir in der Praxis differenzieren zwischen national angelegten strategischen Kampagnen (oder Launches) und taktischen Maßnahmen, die lediglich regional oder bei ausgewählten Handelspartnern umgesetzt werden. Auch im Rahmen des Streckengeschäfts gelten natürlich andere Voraussetzungen. Je kurzfristiger und handelsspezifischer eine POS-Marketing-Maßnahme umgesetzt wird, desto wichtiger ist der starke „Push“ am POS. Gemeint ist damit die intensive individuelle Einbindung der jeweiligen Verantwortlichen in den Outlets in Kombination mit einer effektiven POS-Kommunikation. Ansonsten besteht das Risiko, dass – wie im oben geschilderten Praxisbeispiel – eine Mechanik ihre Leistung auf der Fläche nicht so entfalten kann, damit eine maximale Drehgeschwindigkeit der promoteten Ware erreicht wird.