Instore-Theatre vs. Pragmatismus – Markenführung am POS

Fragte mich neulich der Geschäftsführer eines marktführenden Getränkeunternehmens nach einer Ideallösung für die Schaffung von dauerhaften Erlebniskontakten am POS. Also nach emotionalen Kicks für die Shopper beim Kontakt mit seinen Marken auf der Verkaufsfläche. Und zwar möglichst breit in allen Vertriebslinien und unterschiedlichen Outlet-Formaten. Mit „effizient“ meinte er: möglichst günstig. Meine Antwort kam ganz spontan und hätte jedem Juristen zur Ehre gereicht: „Kommt darauf an“.

In der Tat, der LEH als Absatzkanal stellt insbesondere an starke Markenpräsentationen auf der Verkaufsfläche ganz besondere Anforderungen. Diese Anforderungen kennen Sie als Vermarktungsprofi natürlich. Die Markenführung am Verkaufsort ist dabei nicht selten ein ambitionierter Spagat. Bestehend aus dem Kunststück, möglichst viel „Brand Equity“ auf die Fläche oder zum digitalen Touchpoint zu transportieren, ohne das Budget zu stark zu strapazieren oder die Verkaufsbotschaft zu vernachlässigen. Brand Building am POS also als Herausforderung zwischen Emotionalisierung und Pragmatismus. Je nach Gewichtung der Marketingziele, taktischer Absatzerfordernisse, Rahmenbedingungen für die Kommunikation und persönlichen Vorlieben der Entscheider schlägt das Pendel für die Umsetzung mal in die eine, mal in die andere Richtung stärker aus. Im stationären Handel kommt noch das Ringen mit den Händlern um Sichtbarkeit hinzu, wenn diese grundsätzlich lieber einen „Clean-Store“ – frei von Industriewerbung – umsetzen möchten

Wichtiger erster Schritt: eine stimmige Definition finden

Wie bin ich also beim Wunsch meines Kunden vorgegangen? Nun, zunächst ist es von entscheidender Bedeutung, ein gemeinsames Verständnis dafür zu entwickeln, was unter einer „dauerhaften emotionalen Markenpräsentation am POS“ verstanden wird. Kommen bei dem einen Marketing-Entscheider schon Emotionen hoch, wenn der Händler statt Preisschilder am Regal permanent einen gebrandeten Shelf-Strip anbringt, muss es für andere schon das „Shop-in-Shop Konzept“ sein, und sei es auch nur auf einem Quadratmeter. Zudem sind natürlich auch die Kommunikationsprioritäten beim Transport von Markenwerten zu klären. Reicht das Logo inkl. Claim oder muss es eine komplette „Story“ sein?

Hier einige Beispiele

Regale bei Real: starkes Branding von Ferrero
Temporär und saisonal: das Gewürzhaus von Ostmann auf 1/4-Chep Basis.
Ist das schon Instore-Emotionalisierung?
„Kaffee-Automat“ aus Pappe am POS:
Transport von Markenwerten über plastische Präsentation des Produkt Benefit.
Temporär und mit viel Platzbedarf:
2 Paletten und 2 Liegestühle von Shatler’s bei Metro
Emotionale Markenwelt am POS: Havana Club mit Cuba-Ambiente auf knapp 10 qm.
Ramazzotti-Welt am POS mit Anleihen aus dem TV-Spot.

Gibt es also einen Konsens, ab welchem Punkt für den oder die Verantwortlichen eine „POS-Emotionalisierung“ beginnt, sind die Ziele zu klären. Genauer, die Zielhierarchie! Zwar ist der Abverkauf am POS grundsätzlich immer eine Messgröße für das Gelingen von Aktionen. Wenn jedoch z. B. Erlebniskontakte zur Kommunikation der Brand Equity als oberstes Ziel im Briefing stehen, sollte die Umsetzung auch genau daran gemessen werden. Absatzzahlen dürfen also logischerweise dann nicht primär als Indikator für den Erfolg der Platzierung dienen. Das gilt umgekehrt genau so: Soll ein signifikanter Uplift in einem definierten Zeitraum erreicht werden, muss – zumindest temporär – darüber nachgedacht werden, wie im Rahmen der grundsätzlich emotionalen Warenpräsentation der Abverkauf aktiviert werden kann.

Kommen wir schließlich zum entscheidenden Punkt – dem Budget. In der Praxis hat es sich bewährt, für unterschiedliche Marktprofile ein Budget festzulegen, das die Basis für eine modulare Konzeption von Platzierungen bildet. Wichtig dabei das Wort „Marktprofile“. Bewusst nicht: Marktgrößen. Denn es spielen neben der verfügbaren Fläche auch Kriterien wie Lage und in diesem Zusammenhang die Shopper-Profile eine mitentscheidende Rolle. Beispiel: der 2500 qm Supermarkt auf dem Land in Ostdeutschland ist anders zu bewerten als das urbane Outlet gleicher Größe in einer westdeutschen Großstadt. Es empfiehlt sich also eine profunde Analyse der Vertriebs-Universums, die die Grundlage für die Kalkulation unterschiedlicher Platzierungspakete sein sollte.