Hat uns dm in den April geschickt?

Der Aprilscherz erfreut sich einer jahrhundertelangen Tradition und ist auch heute noch populär. Dieses Mal gewann ich am 01. 04. allerdings den Eindruck, dass privat und öffentlich weniger gespaßt, geschickt und verulkt wurde. Das Bundesgesundheitsministerium warnte gar vor lustig gemeinten Falschmeldungen in Zusammenhang mit dem Corona-Virus

Leichte Verunsicherung darüber, ob eine „April-Ente“ durch die Redaktion gewatschelt war, befiel mich bei der Lektüre der ersten Aprilausgabe der Lebensmittel Zeitung, in der wir einen Beitrag mit folgender Überschrift lasen:

„Markenhaltung klar vom Marketing getrennt“

Nanu, dachte ich, was ist denn da passiert?  Dieser Satz klingt für mich wie „Verkäufe klar vom Vertrieb getrennt“ oder „Wirtschaftlichkeit klar vom Controlling getrennt“ oder „Lieferfähigkeit klar von der Logistik getrennt“. Übertitelt war damit ein Beitrag zur Marketingstrategie des Drogeriemarktbetreibers dm, skizziert vom Geschäftsführer Sebastian Bayer. Im Verlauf des Artikels wurde dazu weiter zitiert: „Die Markenhaltung muss klar vom Marketing getrennt sein, wenn sie für die Kunden authentisch bleiben soll“:

Warum stört uns diese Aussage, ja, weshalb mutet sie sogar unfreiwillig komisch an?

Erstens: Man könnte schlussfolgern, das dm-Marketing sei nicht authentisch. Sei grundsätzlich ausgerichtet dazu, eine Scheinwelt vorzuspiegeln, die durch die Haltung des Unternehmens hinter den Kulissen nicht getragen oder wenigstens gestützt wird.

Zweitens: Jeder, der in den Genuss einer fundierten Marketingausbildung kommt, nimmt aus einer der ersten Vorlesungen einen Satz mit, der so oder so ähnlich klingt wie der folgende:

  „Marketing ist die Führung des Unternehmens vom Markt her auf die Märkte hin“ oder

  „Unter Marketing wird die marktorientierte Führung des gesamten Unternehmens verstanden“

Lesen wir das Zitat vom dm-Marketingchef nochmals und fragen uns also, wie es der Drogeriemarkt-Primus schafft, sein Unternehmen ohne Haltung zu führen?

Wir dürfen annehmen, so wie die LZ-Redakteure es schrieben, war‘s nicht gemeint. Sie haben die vier Marketing-Mix Faktoren auf ein einziges „P“ („Promotion“) reduziert und „Marketing“ als Überbegriff damit gleichgesetzt. Dennoch ist der Beitrag ein willkommener Anlass für diesen Blog, eine Lanze für unsere Disziplin zu brechen. Selbst wenn wir Marketing nur auf das oben genannte Mix-Viertel beschränkten – und „Product“, „Price“ und „Place“ wegließen – so gehört die interne Kommunikation im Sinne der „Corporate Communication“ doch unmittelbar dazu. Sie sollte alle Ebenen und Organisationsstufen durchdringen und ein einheitliches Verständnis für den Firmenhabitus schaffen. Dadurch wird die Haltung des gesamten Unternehmens transparent und mit jedem neuen Impuls interner oder externer Kommunikation weiter gestärkt.

Formulieren wir den Satz in der LZ also um:
Markenhaltung klar von taktischer Verkaufsförderung getrennt; dann passt es besser und so war es – hoffentlich – auch gemeint.