Aktuelle Studie: Taugt die Fußball-WM 2022 als Vermarktungs-Anlass?

Vor einem Monat gab dieser Block einige Gedankenanstöße zu Vermarktungsfragen im Rahmen der Fußball-WM 2022. Nachdem inzwischen fast alle Teilnehmer am vorweihnachtlichen Turnier ebenso wie die Besetzung der Vorrundengruppen feststehen, ist es an der Zeit, uns noch einmal mit diesem Thema zu beschäftigen. Heute widmen wir uns unter anderem den Fragen: Wie stehen die Shopper zu möglichen Werbemaßnahmen der Industrie mit WM-Bezug? Welche Sortimente haben gute Chancen, als Begleiter zu TV-Übertragungen eingekauft zu werden und wie relevant sind mögliche Sondereditionen zum sportlichen Großereignis?

Antworten dazu und weitere mehr finden wir in der Erhebung „WM 2022 – ein Sommermärchen?“.

Wirft einen Blick voraus:
Studie zur Fußball-WM
unter Promotion-Aspekten

Eine der ganz wesentlichen Erkenntnisse aus der Erhebung: Fast jeder zweite Shopper findet es nicht gut, wenn Marken Werbeaktionen zur Fußball-WM in Supermärkten durchführen. Ein Drittel steht solchen Kampagnen neutral gegenüber:

Klares Votum der Shopper:
Bedenken überwiegen!

Fast genau die Hälfte der Kunden im LEH würde in den letzten beiden Monaten eher von weihnachtlichen Platzierungen kaufen als von Aktionsdisplays mit Promotion-Ware zur Fußball-WM

Weihnachten schlägt WM
in der Shopper-Präferenz

Besonders spannend finden die Shopper Limited Editions und neue Geschmacksvarianten – mehr als die Hälfte gibt an, dass diese Offerten sie anziehen. Weitere Angebote wie besondere Promotion-Designs, „2-für-1“-Aktionen und Gewinnspiele sind bei gut 40 Prozent der LEH-Kunden besonders beliebte Mechaniken. Auch Preis-Promotions gehören in diese Kategorie. Für knapp jeden dritten Shopper sind Zugaben und Sammelaktionen im Rahmen von Fußball-Editionen verlockend. Mehr Produktinhalt (fürs gleiche Geld) stellt noch für gut ein Viertel eine spannende POS-Aktivierung dar.

Neue und temporäre Angebote
begeistern die Kunden

Sondereditionen zu Fußball-Events sind für gut vier von zehn Shoppern ein kaufaktivierendes Angebot – normalerweise! Kombinierte Sondereditionen mit Fußball- und WM-Bezug findet hingegen nur jede/r Fünfte attraktiv:

Beliebt bei den meisten Kunden:
WM-Sondereditionen
Neutrale Haltung der Shopper
zu kombinierten WM-/Xmas-Promos

Wie nun lassen sich die oben dargelegten Ergebnisse unter dem geübten Blick des Marketing Praktikers einordnen? Wie geht die Fachkraft für Trade- und Shoppermarketing mit der aktuell von reichlich Vorbehalten geprägten Einstellung der Shopper in Sachen Fußball-WM um? Können wir davon ausgehen, dass das Großereignis in Katar zwischen „Last Christmas“, Weihnachtsmärkten und Geschenke-Shopping hierzulande thematisch untergeht? Dass saisonal platzierte Ware wie Adventskalender, Lebkuchen, Schokohohlfiguren & Co mögliche Fußball-Promotions auf den Verkaufsflächen ins Abseits drängt?

Klare Antwort: es kommt darauf an!

In der Tat ist zu erwarten, dass die Kombination aus problematischer Menschenrechtssituation im Ausrichterland und dem ungewohnten Veranstaltungszeitraum für kontroverse Betrachtungen in der Presse sorgen wird. Die FIFA wird dabei besonders stark im Kreuzfeuer der Kritik stehen – insbesondere in Beiträgen vor dem Beginn der WM. Dennoch werden die Medien ab dem Anpfiff des Turniers einen starken Fokus ihrer Berichterstattung auf die sportlichen Inhalte und die Leistungen der Mannschaften richten. Dabei dürfte mit einem potenziell erfolgreichen Abschneiden der Nationalmannschaft die Begeisterung für das Event steigen, die Winterolympiade in Peking dient dafür als Blaupause. Kritische Stimmen werden dann zwar nicht verstummen, aber temporär medial weniger präsent sein.

Vor dem Hintergrund eines möglichen Begeisterungs-Potenzials in der Bevölkerung könnten POS-Marketing-Aktionen mit WM-Bezug also schon funktionieren. Eine wesentliche Voraussetzung dafür wäre allerdings, dass es dem Vertrieb gelingt, die Händler davon zu überzeugen, Platzierungsfläche für WM-Promotions freizuräumen.

Weitere Unsicherheitsfaktoren sind aus aktueller Sicht unverändert der Einfluss der Corona-Pandemie und die Entwicklung des Russland-Ukraine Konflikts aufs Turnier. Sollte COVID19 wieder für Zuschauerbeschränkungen in den Stadien und Versammlungsverbote im öffentlichen Raum sorgen, würde das zum Dämpfer für eine potenzielle WM-Euphorie. Und wenn weiterhin schreckliche Bilder und Berichte aus der Ukraine die täglichen Nachrichten bestimmen, wird sich keine flächendeckende unbeschwerte Fußballbegeisterung einstellen.

Fazit:
Markenartikler sollten sehr sorgfältig abwägen, ob sie das diesmal nicht ganz risikolose Engagement einer WM-Vermarktungs-Initiative eingehen wollen. Sehr sicher werden sich Anbieter, die z. B. die Zielgruppe „fußballbegeisterte jüngere Männer“ anvisieren, leichter damit tun als Brands mit sehr breitem Kundenspektrum. Ob ein werbliches Engagement mit Bezug zum umstrittenen Turnier – gerade in der aktuell von Haltungskampagnen geprägten Zeit – generell opportun ist, muss jede/r Marketingverantwortliche für sich und die verantwortete/n Brand/s selbst beantworten.