Das Corona-Virus zerstört. Es greift an und bringt den gesunden Organismus aus der Balance. Die Auswirkungen dieses Vorgangs spüren auch alle, die nicht direkt von der Infektion betroffen sind. Die gesamte globalisierte Gesellschaft leidet in unterschiedlicher Ausprägung und Intensität unter den Folgen der Pandemie. In vielen Bereichen des privaten und öffentlichen Lebens bemerken wir die Veränderungen. Arrangieren uns so gut es geht mit AHA-Regeln, Heimarbeit und dem Verzicht auf Veranstaltungen, auf Besuche von Institutionen, Restaurants etc. Auch im Lebensmitteleinzelhandel (LEH) sind Symptome eines bedeutenden Wandels erkennbar. Unter dem Titel „Disruption & Uncertainty“ zeichnen die Berater von McKinsey nun in einem aktuellen Statusreport Bilder des Umbruchs im europäischen LEH von heute und morgen.
Die Darstellung der aktuellen Situation und die Projektion von Erwartungen beruhen dabei auf tausenden von Konsumenten-Interviews in europäischen Kernmärkten sowie auf den Aussagen von 48 CEOs aus großen Handelsunternehmen. Im Gegensatz zu vielen aktuellen Trenderhebungen auf wackliger Datenbasis rund um Corona und seine Auswirkungen im Handel, finden wir also eine fundierte Erhebung mit einem soliden Stichprobenfundament.
Hier eine kurze Zusammenfassung der 10 wichtigsten Trends, die von McKinsey als relevant für die kommenden fünf Jahre skizziert werden:
1. Rückkehr des außer-Haus-Konsums
Der zehnprozentige Anstieg des europäischen LEH-Geschäfts während der Pandemie wird mit dem Trend „zurück-zur-Normalität“ abebben. Allerdings scheint der out-of-home-Bereich ein Niveau wie vor der Pandemie zunächst nicht erreichen zu können. Denn: Ein Sockel von 7-10 Prozent der Konsumenten will auch nach Öffnung der Lokale weniger häufig aushäusig essen, sondern den entsprechenden Bedarf weiterhin im LEH decken.
2. Online wird zu einem bestimmenden Wettbewerbsfaktor
E-Commerce-Umsätze im LEH waren im vergangenen Jahr für 20 Prozent des Marktwachstums in Europa verantwortlich und der digitale Vertriebskanal gewinnt weiter an Bedeutung. Für LEH-Betreiber wird ein profitables(!) Wachstum im Online-Geschäft also zum kritischen Erfolgsfaktor in den kommenden Jahren.
3. Der stationäre Handel verliert Anteile
Aber Obacht, nicht jedes Format ist betroffen. Verlieren werden undifferenzierte Normal-Supermärkte. Auf der Gewinnerseite finden wir Outlets mit einer klaren Positionierung, einem scharfen erkennbaren Profil und einem relevanten Mehrwert für die Shopper (Discount, Mini-Märkte, Frische-Spezialisten usw.).
4. (Weniger) Geld für (Mehr-) Werte
Das Jahr 2020 bescherte dem europäischen LEH eine heterogene Situation: In einigen Ländern wurde signifikant mehr für Lebensmittel ausgegeben als üblich, in anderen Staaten deutlich weniger. Für die kommenden Jahre scheint sich das Blatt zu wenden, denn die Mehrheit der Shopper will ihren Bedarf an Lebensmitteln günstiger einkaufen als bisher.
5. Qualitätserwartung an den Preiseinstieg wächst
Mehr als ein Viertel der LEH-Kunden will beim Lebensmitteleinkauf sparen, dabei aber gleichzeitig nachhaltigere und gesündere Produkte erwerben. Diese steigende Erwartungshaltung betrifft insbesondere die unterste Preiskategorie. Die Folge: Das verbesserte Preis-/Leistungsverhältnis im Preiseinstieg wird das Segment der Mittelpreismarken unter Druck setzen.
6. Boom für Bio, „frei-von“-Produkten & Co.
Der Tendenz hin zu biozertifizierten, vollwertigen, pflanzenbasierten Produkten wird anhalten. Quer durch alle Shopper-Generationen zieht sich die Absicht, gesündere Konsumgewohnheiten zu etablieren. Demzufolge steigt auch die Bereitschaft, für Bioprodukte und gehaltvolle Nahrungsmittel mehr auszugeben.
7. Nachhaltigkeit als Top-Trend
Bei kaum einem anderen Trend gehen die geäußerten Einstellungen und das tatsächliche Verbraucherverhalten ähnlich weit auseinander wie bei der Bestrebung zu nachhaltigerem Konsum. Zwar gibt z. B. in Deutschland mehr als ein Viertel der Shopper an, umweltbewusster konsumieren zu wollen. Ein gewisses Missverhältnis zwischen angegebener Absicht und tatsächlicher Zahlungsbereitschaft für nachhaltiger erzeugte Lebensmittel ist allerdings festzustellen. Immerhin: Für knapp jeden dritten CEO ist Nachhaltigkeit eines der drei wichtigsten Themen für die kommenden Jahre.
8. Convenience-Food (nicht nur) für Remote-Arbeiter
Der durch Corona befeuerte Trend, sich Einkäufe und zubereitete Speisen nach Hause liefern zu lassen, wird bleiben. Die an Convenience gewöhnten „Millennials“ werden zu Haushaltsführenden und die pandemiebedingte Verschiebung der Berufstätigkeit ins Home-Office setzt sich fort. Beides Voraussetzungen dafür, dass die Lieferung von Lebensmitteln und vorgefertigten Menüs ein wesentlicher Faktor bleiben und eine permanente Herausforderung für den stationären Handel sein wird.
9. Technologie als Triebfeder zur Differenzierung
Die Bedeutung von IT / Technologie im LEH wächst mit den Anforderungen im E-Commerce und den steigenden Kundenerwartungen an höchste Effizienz beim Shoppen. Um mit den großen Online-Wettbewerbern wie Amazon mithalten zu können, wird der Food-Retail in automatisierte Warenwirtschafts- und Einkaufsprozesse investieren.
10. Smart Data als Treiber für personalisierte Angebote
Die zielgerichtete Analyse und Nutzung der großen verfügbaren Datenmengen etabliert sich im LEH allmählich. Mit Investitionen in optimierte Anwendungen zur Dateninterpretation werden die Händler in die Lage versetzt, pauschale Preise, Promotions und Sortimente künftig durch personalisierte Angebote zu ersetzen. Die größte Herausforderung besteht dabei weniger in der Integration neuer technischer Lösungen, sondern in der Bereitstellung der personellen und organisatorischen Ressourcen dafür.
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