Mit Risiken und Nebenwirkungen: Out-of-Stocks bei OTC

Der Markt für Selbstmedikation ist milliardenschwer und er wächst stetig. Das Streben nach Verbesserung, nach Optimierung der eigenen Gesundheit beschert Anbietern von rezeptfreien Arznei- und Nahrungsergänzungsmitteln, Diätpräparaten & Co. steigende Absätze in Apotheken und – bei nicht apothekenpflichtigen Kategorien – auch im LEH und in Drogeriemärkten. Zahlreiche Erkältungs- und Schmerzmittel, unzählige Mineral- und Vitaminpräparate werden also nicht mehr in der Offizin Over-The-Counter (OTC) verkauft, sondern landen auf den Kassenbändern bei Edeka, Rewe, Rossmann und dm oder im Online-Warenkorb der Onlineapotheken, Versandkaufhäuser oder Multichannel-E-Retailer.

Gerade während der Lockdown-Peaks in Corona-Zeiten scheint sich bei aufgeklärten Shoppern die Einsicht durchzusetzen, dass es neben „AHA-Regeln“ und dem erwartungsfrohen Hoffen auf eine baldige Impfung eine weitere Möglichkeit gibt, sich gegen das Virus zu schützen – mit einem leistungsfähigen Immunsystem. Mit Vitaminen in höheren Dosen als sie unser täglich Brot, unsere Brötchen, die geliebten Pasta und Pizza aus „leeren“ Kohlenhydraten bieten. Mit essenziellen Stoffen aus Nahrungsergänzungsmitteln, weil die Menge an Mineral- und Vitalstoffen in unserer oft weit transportierten, industriell verarbeiteten und letztlich verkochten Nahrung doch eher überschaubar ist.

 Vor diesem Hintergrund erfahren wir diese Woche vom Crowdsourcing-Dienstleister POSpulse, dass der Kauf von OTC-Präparaten außerhalb der Apotheke für drei Viertel der Shopper relevant ist. Dass also die Mehrheit der Kunden zumindest gelegentlich OTC-Artikel im LEH und/oder Drogeriemärkten kauft. Bzw. gern kaufen würde, aber nicht kann. Ins Regal greift und – nur Leere findet. Regallücken, Out-of-Stocks, fehlende Verfügbarkeit also vom gewünschten Erkältungsmittel, vom Heil- oder Massageöl oder vom Vitaminpräparat.

Doch der Reihe nach. Warum kaufen die Shopper im LEH, warum greifen Sie in Drogeriemärkten zu Produkten rund um die Gesundheit? Naheliegend: weil sie ohnehin auf der Verkaufsfläche sind und diese Kategorie dann eben einfach mit kaufen. Weil die Auswahl groß und – erwartbar – weil OTC außerhalb der Apotheke günstig(er) ist.

Knapp drei von vier Kunden kaufen OTC außerhalb der Apotheke.
Quelle: POSpulse

So weit so gut. Was aber, wenn der Artikel, der auf dem Einkaufszettel steht, nicht verfügbar ist? Was, wenn jenseits des Preisschilds eine tiefe Regallücke gähnt? Das Votum der potenziellen Käufer ist eindeutig: über die Hälfte wechselt das Geschäft oder verzichtet ganz auf den Kauf – Rohertragsverluste für Handel und Hersteller also in Reinkultur.

Die Mehrheit kauft fehlende Produkte in einem anderen Laden,
einer von zehn Kunden verzichtet ganz.
Quelle: POSpulse


Und aus welchen OTC-Kategorien rekrutiert sich die Mehrheit der fehlenden Produkte?

Vitamine und Mineralstoffe fehlen besonders häufig.
Quelle: POSpulse

Keine Überraschung, am häufigsten sind Vitamin- und Mineralstoffpräparate nicht verfügbar. Damit decken sich die Befragungsergebnisse mit meinen eigenen Beobachtungen und Erfahrungen. Gerade Vitamin-C in höheren Dosen war und ist in Drogeriemärkten oft schwer erhältlich. Dass die Aussteuerung der Warenlogistik, dass das Management der physischen Distribution auf Marktebene sehr anspruchsvoll ist, kann man nachvollziehen. Schließlich sind die Lagerkapazitäten einer Drogerie- oder Supermarktfiliale beschränkt und wenn Kunden auf wochenlangen Vorrat kaufen, ist das Regal schnell geleert. Die missliche Situation ist aber seit einem Jahr bekannt und hat sich offensichtlich nicht spürbar zum Positiven verändert. Da fragen wir uns, warum die Flächenbetreiber Ihren Kunden nicht anbieten, die fehlenden Artikel via QR-Code-Scan online zu bestellen? Warum nicht ein Smartphone gestützter digitaler Lieferservice am POS, direkt am Regal? Schließlich haben alle Händler eine App und hier eröffnet sich die Chance, den Kunden einen wirklich relevanten Nutzen zu bieten. Die virtuelle Regalverlängerung („endless aisle“) gibt es ja in vielen Handelsformaten bereits, wir kennen diesen Service aus dem Bekleidungs- oder Buchfachhandel. Für Lebensmittel- und Drogeriemarktbetreiber, die die digitale Transformation ihrer Flächen ernst nehmen, gibt es hier also eine Chance sich zu verbessern und damit das Risiko zu senken, Ertrag und zufriedene Kunden zu verlieren.

Lückenhaft wie ein Kindergebiss:
OTC-Regale am POS.

Quellen: POSpulse.com