Vor fast genau zwei Jahren lancierte Mondelez mit „Milka darkmilk“ eine dunkle Schokolade mit „extra viel Kakao“. Die 85 Gramm Tafeln sorgten auch sogleich für Furore, allerdings nicht nur im Sinne des Schoko-Multis. So beklagten Verbraucherschützer eine versteckte Preiserhöhung durch die Gewichtsreduzierung um 15 Gramm bei gleichbleibender Optik und identischem Preis wie bei der herkömmlichen 100 Gramm Tafel. Widerlegten zudem das Argument vom Bremer Süßwarengiganten, die Inhaltsstoffe der dunklen Varianten seien hochwertiger, was den erhöhten Preispunkt rechtfertige. Die Verbraucherzentrale Hamburg ging soweit, vom Kauf der neuen Milka abzuraten, um beim Unternehmen dadurch einen Lerneffekt zu erzielen.
Anscheinend folgten nur wenige Shopper der Empfehlung kritischer Meinungsbildner im Web, liegt der VK der „darkmilk“ doch unverändert auf dem Niveau der 100 Gramm Tafeln. Pointiert ausgedrückt, der mündige Kunde lässt es sich munden, unbeeindruckt von offiziellen oder selbsternannten Wettbewerbshütern. Zudem: Das Tafelgewicht ist gut erkennbar auf der Packung abgedruckt.
Nun erfahren wir aus der Fachpresse, dass es die dunkle Milch auch zum Löffeln geben wird, hineingerührt in Puddings, die von der Molkerei Müller vertrieben werden. Und wieder einmal fragen wir uns: Wie weit lässt sich eine Marke dehnen, bevor sie bis zur Unkenntlichkeit verzerrt wird? Wir denken an den treffenden Vergleich vom Marketingpapst Hans Domizlaff, der in seinem Standardwerk das Erscheinungsbild einer Marke mit dem Gesicht eines guten Bekannten verglich. Sobald es eine Veränderung erfahre, so der „Urfaust des Marketings“ weiter, befremde und verunsichere uns das. Und sei es nur ein Schnurrbart, der dem vertrauten Antlitz einen anderen Anschein verleiht.
Das Sortiment der Marke Milka umfasst über 130 Produkte (vgl. Website); da sind Joghurts, Eis und andere Cross-Branding-Erzeugnisse, die mit Koop-Partnern hergestellt und vertrieben werden, noch nicht mitgezählt. Schwächt dieses Sammelsurium aus Tafelschokolade, Snacks, Keksen, Pralinen, Brotaufstrichen usw. die Wahrnehmung des Markenkerns oder trägt es sogar zu dessen Stärkung bei, wie es uns der Marketingmanager von Milka im Interview erläutert?
Handelt es sich also bei der ausufernden Portfolio-Anreicherung der lila Leckerei um eine sorgfältig geplante Wachstumsstrategie oder wird die bunte Cashcow so lange gemolken wie die Shopper es mitmachen, nachdem man die Markendehnungs-Büchse der Pandora einmal geöffnet hatte?
Nicht nur im Portfolio, auch in Sachen Vermarktung finden wir bei Milka eine große Bandbreite zwischen beliebiger „Jahrmarkt-Reklame“ (Domizlaff) und individuellen, ja liebevollen Markenkampagnen; hier zwei aktuelle Beispiele:
Es bleibt also spannend, wie resistent und strapazierfähig das Markenfell der lila Kuh angesichts des liberalen Umgangs der Mondelez Marketeers mit der Brand ist.
Übrigens … es tut gut, sich ab und zu wieder einmal mit der Basis von Markenarbeit zu beschäftigen. Für viele eine Inspirationsquelle dafür ist dieses Werk, auch für mich: