Herausforderung: Markenerlebnisse schaffen

Gestern gab es einen Einblick in Trendprognosen auf Basis von Konsumenten-Interviews. Heute und in loser Folge werfen wir einen Blick darauf, ob und wie stark diese Trends bereits im deutschen LEH angekommen sind. Beginnen wir mit Trend Nr. 1, dem „Storytelling“ rund um die Marke am POS, die Schaffung von Markenerlebniswelten also.

Differenziertes Bild im Einzelhandel

Die Macher der gestern zitierten Studie sind Shopping-Mall Betreiber. Sie dürften bei ihrer Erhebung primär die dort ansässigen Einzelhandelsgeschäfte mit Mode, Sport, Elektroartikeln usw. im Fokus gehabt haben. Die großen Marken aus diesen Branchen sind bereits dazu übergegangen, ihre Budgets für die Inszenierung ihrer Brands in wenigen Mega-Cities weltweit zu konzentrieren, allen voran Nike und Adidas. Wurden von den Sportartikelgiganten vor wenigen Jahren die Schwerpunkt-Kampagnen noch flächendeckend in Fachhandelsgeschäften des Landes ausgerollt, konzentrieren sich die Vermarktungs-Peaks in Deutschland mittlerweile auf wenige Ballungsräume mit Fokus auf – na klar – Berlin. Im Lebensmittel-Einzelhandel gibt es diese eindeutige Priorisierung nicht. Allerdings haben zahlreiche Markenartikler einzelne Flagship-Stores als Markenerlebnisraum eröffnet, nehmen Sie als Beispiel die Ritter Schoko-Welt in der Bundeshauptstadt. Eine Nummer kleiner als der eigene Shop in guter City-Lage ist der Trend, Markenwelten am POC (Point-of-Consume) oder am gewohnten POS auf den Verkaufsflächen der Retailer aufzubauen. Ein gutes Beispiel für Brand Building an einem hochfrequentierten Standort ist die Aperol Bar im Flughafen Düsseldorf. Bestens bekannt für eine Markeninszenierung auf der Verkaufsfläche ist die Tchibo-Welt, jedoch steigern auch andere Markenartikler seit einigen Jahren ihre Anstrengungen, eine dauerhaft hohe Präsenz jenseits von Aktionsaufstellern zu sichern. In der kompletten Breite des LEHs hat das noch keine Marke geschafft, jedoch gibt es interessante Ansätze. Insbesondere bei selbständigen Kaufleuten gelingt es Marken immer wieder einmal, die vorhandene Fläche mit Markenbotschaften dauerhaft zu bespielen. Hier einige Beispiele:

Eine andere Möglichkeit, die Markenwerte auf der Fläche erlebbar zu machen, sind Sonderplatzierungen, die zwar temporär aufgebaut werden, aber einen größeren Awareness-Faktor haben, als reine Promotion-Platzierungen, die in erster Linie als Abverkaufs-Vehikel dienen.

Marken-Erlebnisplatzierung bei Globus von Absolut Vodka
Holz-Platzierung der Insel Brauerei bei Globus

Für Marken ist es im Lebensmitteleinzelhandel also nicht einfach, ein flächendeckendes Brand Builing über alle Outlets der Handelspartner hinweg zu betreiben. Insbesondere, wenn der POS nicht ganz konsequent als Chance betrachtet wird, täglich eine relevante Frequenz an Kundenkontakten für Brand Building zu nutzen. Vieles bleibt Stückwerk, bleibt Insellösung oder im Teststadium stecken.

Erlebnis Händlermarke?

Aber auch die Retailer selbst tun sich schwer damit, ihre Händlermarke stringent als Erlebnisraum (um-) zu positionieren. Zwar sollen die Flächen im LEH durch immer wieder neue Store Konzepte emotional stärker aufgeladen werden. Dies wird von den Unternehmen jedoch sehr unterschiedlich interpretiert. Am einen Ende der Emotionalisierungs-Skala geht es darum, die Läden aufzuräumen, ein klares Leitsystem für die Shopper zu schaffen und mit neuen Materialien etwas mehr Wohlfühl-Ambiente ins bisher karge Outlet zu zaubern (z. B. neues Aldi Konzept). Demgegenüber inszenieren sich einzelne Edeka- oder Rewe Kaufleute bereits als Gourmet-Tempel (Edeka Zurheide Crown Düsseldorf) oder schaffen Bauernhof-Atmosphäre (Rewe Richrath). Insbesondere die Selbständigen werten ihre Märkte durch Kenntnis der Shopperprofile mit entsprechend daran ausgerichteten Konzepten auf. Vom Angebot regionaler Spezialitäten über die Unterstützung lokal wichtiger Anlässe bis zur Einbindung ortsansässiger Vereine für Vermarktungsanlässe. Das Gros der Verkaufsflächen im LEH bleibt aber unverändert das, was es bisher war: ein Raum zur Präsentation und zum Verkauf von Ware mit einzelnen Highlights zur Inszenierung von Marken. 

Fazit:
Beim Trend „Markenerlebnisse schaffen“ sind einige Branchen, wie Mode-, Sport- oder Elektroartikel schon deutlich weiter als die meisten FMCG-Anbieter. Dies auch der Tatsache geschuldet, dass bei den erstgenannten Budgets rigoros analog der Orientierung an wenigen Trend-Hotspots umverteilt werden. Dies könnte eine – wenn auch nicht 1:1 kopierbare – Blaupause für die Markenartikler im LEH sein. Dafür bräuchte es nur etwas mehr Mut und Konsequenz, den POS als das zu begreifen was er (langsam) wird: vom Ort des Verkaufs immer mehr auch zum Platz für „Storytelling“ rund um die Marke.