In unseren Zeiten höchster Sprachsensibilisierung, in denen Mohrenstraßen und Mohren-Apotheken aus Gründen (vermeintlicher) politischer Korrektheit umbenannt werden, fällt dieses selbstbewusste Inserat in der aktuellen Fachpresse besonders stark auf:
Allen, die weder mit Marke noch Logo vertraut sind, sei mitgeteilt, dass die Vorarlberger Mohrenbrauerei ihren Betrieb im Jahre 1834 aufnahm. Damit ist sie der älteste Bierproduzent im westlichsten Bundesland der Alpenrepublik.
Bei der Vermarktung sind die Österreicher auf einem Level unterwegs, das mit Promotions anderer etablierter Markenbiere vergleichbar ist. Sammel-Gewinnspiele, Flaschen-Individualisierungen oder Adventskalender finden wir hier an aktuellen bzw. kürzlich durchgeführten Kampagnen. Insbesondere die Aktion „Individuelle Kronkorken“ besticht durch Originalität und dokumentiert das Bestreben der Marke, Nähe und Identifikation zu den Verwendern aufzubauen. Die Inhalte der Marketing-Aktivitäten sind also zeitgemäß, die Gestaltung befindet sich auf einem professionellen Niveau.
Neben diesen punktuellen Promotion-Schwerpunkten besticht das Logo als Differenzierungsmerkmal und ist – Sie ahnen es längst – ein Stein stetigen Anstoßes in der öffentlichen Diskussion. Die übrigens zeitgeisttypisch mit harten Bandagen und auf Seiten der empörten Minderheit mit unnachgiebiger Vehemenz geführt wird. So rigoros, kompromisslos und unerbittlich mit Contra-Argumenten gefüttert wurde, dass sich die altehrwürdige Bierfabrik dieses Jahr genötigt sah, ihre Social-Media-Accounts stillzulegen. Mittlerweile finden sich knapp 3.400 Unterschriften auf der Website „change.org“ dafür, das Mohrenlogo abzuändern. Ab 5.000 Unterzeichnern werde – so der Hinweis auf der Seite – die Petition „mit hoher Wahrscheinlichkeit von den lokalen Medien aufgegriffen“. Derweil zählt die Initiative „Rettet das Mohrenbräu Logo“ auf Facebook mehr als 12.500(!) Unterschriften.
Laut regionalen Pressemeldungen wird die Mohrenbrauerei in den kommenden Monaten eine mögliche „Weiterentwicklung ihres Markenauftritts“ prüfen. Für Unternehmensführung und Marketing-Riege in Dornbirn stellt der Umgang mit dem strittigen Logo also eine ganz besondere Herausforderung dar. Ob man sich dauerhaft auf Bewahrungs-Argumente wie Stringenz in der Markenführung, Fortführung der Unternehmenshistorie, Besinnung auf die Familientradition etc. berufen kann, um den Marken-Mohren weiterhin zu nutzen, ist fraglich. Die zwar derzeit noch kleinere, aber deutlich vernehmbarere und renitentere Interessensgruppe „Contra Mohrenlogo“ wird unzweifelhaft weiterhin medialen Druck aufbauen und versuchen, sich mit dem Totschlagargument „Diskriminierung“ durchzusetzen.
Doch machen wir einen kleinen inhaltlichen Schritt zurück und fragen uns: Ist das Diskriminierungspotenzial des Begriffs „Mohr“ tatsächlich so immens? Im Juli dieses Jahres recherchierte die Lokalpresse in Kassel, von wo die Initiative zur Umbenennung der Mohren-Apotheken ausgeht, wie stark sich dunkelhäutige Menschen vom vermeintlich despektierlichen Pharmazienamen zurückgesetzt fühlen. Ergebnis: überhaupt nicht. Geht die selbsternannte Sprachpolizei beim Anliegen, den Mohren aus dem deutschen Sprachgebrauch zu bannen, also zu weit? Diese linguistisch-soziologische Fragestellung können und wollen wir in diesem Blog sicher nicht lösen. Es wird sich – wie bei anderen sprachlich sensiblen Themen auch – ein allgemeines Verständnis dafür entwickeln, ob der Begriff aus der Alltagssprache verschwindet. Parallelen zum „Gendern“ sind indes offensichtlich. Auch im Anliegen nach vermeintlich geschlechtergerechter Sprache (manche nennen es Sprachverhunzung) sind die Aktivist*_Innen nach außen medial präsenter und signifikant lauter als die korrekt schreibende und sprechende Mehrheit.
Dieser Blog wird den künftigen Weg des Logos der Mohrenbrauerei verfolgen und zu gegebener Zeit über die weitere Entwicklung der Marke berichten.