Mechanik-Montag: Gewinnspiele mit Hebelwirkung

Das heutige Blog-Jubiläum – Sie lesen gerade Beitrag Nr. 200 – soll einer der populärsten POS-Marketing-Mechaniken gewidmet sein, dem Gewinnspiel. In der Tat gehören Preisausschreiben auch in diesem Jahr wieder zu den beliebtesten Vermarktungs-Instrumenten von Markenartikelindustrie und Handel. Nach den Hard- Selling-Mechaniken Multibuy, Zugaben, Bundles und Übergrößen finden wir sie in der Statistik bis einschließlich August an fünfter Stelle:

Gewinnspiele auf Platz 5 der populärsten Mechaniken
im Zeitraum Jan – Aug 2020.
Quelle: ProBar®

Als Marketing- oder Vertriebsprofi und Leser dieses Blogs wissen Sie es; Veranstalter von Gewinnspielen verfolgen mit der Nutzung dieses Vermarktungs-Werkzeugs keineswegs primär knallharte Absatzziele. Sollten sie zumindest nicht, denn dieses vielfältige POS-Marketing-Tool transportiert vorrangig Markenimagewerte, verfestigt Kommunikationsbotschaften und sorgt – im Idealfall – für eine spielerische Beschäftigung mit den Markeninhalten.

Aufgrund der Vielzahl unterschiedlicher Gewinnspielarten kann dieses Promotion-Instrument sehr variabel eingesetzt werden. Ähnlich einem Musiker kann der Marketingprofi bereits bei mit simpler, aber gekonnter Anwendung eine gewünschte Wirkung hervorrufen. Sie verstärkt sich jedoch bei virtuoser Handhabung spürbar und deutlich. Über die verschiedenen Gewinnspielarten wurde in diesem Blog bereits berichtet heute beschäftigen wir uns mit Möglichkeiten, das verfügbare Budget für ein Gewinnspiel als Hebel einzusetzen. Einem Hebel, der über hohe Aktivierungskraft für Promotions verfügt und die Wahrnehmung der Aktion dramatisch erhöhen kann: die Absicherung per Gewinnspielversicherung. Sie funktioniert allerdings ausschließlich bei Gewinnspielen mit offenem Ergebnis, hier die entsprechenden Varianten:

1.Fähigkeitsbasierte Gewinnspiele
Diese Art von Wettbewerb kennen wir vorwiegend aus dem Umfeld von Live-Events: Tore schießen vom Mittelkreis in der Halbzeitpause des Bundesliga- Fußballspiels, Hole-in-One-Wettbewerb beim Golfturnier, die Torwand im Rahmen eines Retailer-Sommerfests usw. Im LEH gern genommen: die Variante, in einer vorgegebenen Zeit den Einkaufswagen auf dem Parcurs von Drehkreuz bis Kasse mit Artikeln zu füllen, deren Gesamtpreis genau eine vorher genannte Summe ergibt. Schaffen es die Teilnehmer, gewinnen sie den kompletten Einkaufswagen-Inhalt.

Wer trifft, gewinnt: Torwand-Wettbewerb bei Globus 2019
Quelle: ProBar®

2. Wahrscheinlichkeit basierte Gewinnspiele
Darunter sind u. a. Lotterien, Rubbelkarten- und Schätzspiele sowie die im LEH populären Code-Gewinnspiele zu verstehen. Die Code-Variante allerdings nur, wenn es sich um ein Spiel mit echter Wahrscheinlichkeit handelt. Sofern die alphanumerische Codierung nur als Vehikel dient, um die Teilnehmer zu identifizieren, die Gewinne jedoch garantiert ausgegeben werden, handelt es sich selbstverständlich nicht um eine versicherbare Aktion. Es muss also ergebnisoffen sein, ob die Gewinnercodes tatsächlich eingegeben und die entsprechenden (Haupt-)Preise verlost werden.

Aktuelle Promotion von Veltins:
per Kronkorken-Code teilnehmen und eventuell gewinnen.
Quelle: ProBar®

3. Ereignisbasierte Gewinnspiele
Bei dieser Variante werden Gewinne dann vergeben, wenn ein vorher bestimmtes (äußeres) Ereignis eintritt, das die Teilnehmer nicht beeinflussen können. Beispiele: X% Rabatt gewinnen, wenn die Nationalmannschaft ein Tor schießt, kompletten Kaufpreis gewinnen, wenn ein bestimmtes Wetterereignis eintritt usw.

Versicherbar: Wetter-Rabatt von Media-Markt Berlin.
Quelle: Unternehmens-Website.

Fähigkeits- und Ereignisbasierte Gewinnspiele stellen im Markt für Konsumgüter und Dienstleistungen eher die Ausnahme dar. Wir beschäftigen uns also mit der Hebelkraft von Promotion-Varianten, die auf Wahrscheinlichkeiten beruhen, mathematisch also gut greifbar sind, wenn die erforderlichen Rahmendaten vorliegen.

Spannend und gut versicherbar: Code-Promotions

Im LEH wurden im vergangenen Jahr um die 200 Code-Aktionen durchgeführt. Damit liegt diese Promotion-Mechanik deutlich vor Sammel- oder Geld-zurück-Aktionen (Quelle: ProBar®) und hat eine solch große Relevanz, dass sich eine detaillierte Betrachtung dieses Vermarktungswerkzeugs lohnt.

Nahezu alle Code-Aktionen nutzen entweder die Produktpackung bzw. das Produkt selbst oder den Kassenbon als Promotion-Träger; die Bedingung zum Mitmachen ist also der Kauf. Diese Kopplung ist seit dem entsprechenden BGH-Urteil vor zehn Jahren rechtens und wird seither von Handel und Markenartiklern ausgiebig genutzt.

Die Ziele von Code-Aktionen

Eindeutig, die Veranstalter setzen auf den Spieltrieb der avisierten Teilnehmer und locken sie mit entsprechend attraktiven Gewinnen. Im Idealfall beschäftigen sich die Adressaten intensiv mit der Marke; die Aktion leistete in diesem Fall also einen Beitrag zum Brand Building. Analog des Mechanismus‘, dass eine höhere Anzahl von Code-Eingaben einen Gewinn wahrscheinlicher macht, soll mit der Mechanik auch ein Absatzeffekt erzielt werden. Der Aktivierungseffekt der puren Mechanik lässt sich freilich mittels Ex-Factory-Volumina, oder Berichtszahlen der Mafo-Institute und vom Handel nicht sauber herausrechnen. Alleine ein kontrollierter Markttest mit identischen Voraussetzungen in Test- und Kontrollmärkten ergäbe verlässliche Näherungswerte. Zu viele Parameter können die Ergebnisse ansonsten verfälschen:
-Art und mediales Volumen parallel laufender Wettbewerber-Promotions
-Aktionen vom Handel (Wochenblatt, Aktionspreise, Zweitplatzierungen) mit der Marke
-Äußere Einflussfaktoren (saisonale Schwankungen, Wetter, gesellschaftliche Trends usw.)
-Fehlende Bewertungsgrundlage in Form vorheriger, identischer Aktionen im eigenen Unternehmen

Shopper-Befragungen können eine Tendenz aufzeigen und bei der Einschätzung helfen, ob potenzielle Teilnehmer die geplante Code-Aktion grundsätzlich interessant und kaufrelevant finden. Ob danach tatsächlich WEGEN DES CODE-GEWINNSPIELS gekauft wird, bleibt dennoch im Trüben. Ein grundsätzliches Stimmungsbild zur groben Orientierung finden wir im POS-Marketing-Report:

Indiz auf Absatzwirkung:
die klare Mehrheit der Teilnehmer an Code-Aktionen
haben aufgrund der Promotion gekauft.
Quelle: POS-Marketing-Report 2018

Der Hebel
Kommen wir zurück zur Hebelkraft von versicherten Code-Aktionen. Hebelkraft als Wirkung zwischen eingesetztem Budget (gering) und ausgelobtem Gewinn (sehr hoch). Mit dieser Mechanik können auch budget-schwache Brands eine verblüffend hohe Gewinnsumme ausloben; es muss nur an den entsprechenden Stellschrauben gedreht werden. Wesentlich für den Gewinnspiel-Versicherer sind die folgenden Kriterien:

  • Aktionszeitraum  – je kürzer der Promotionzeitraum, desto höher der Hebel, je länger desto wahrscheinlicher, dass das Gewinnereignis eintritt
  • Anzahl der ausgegebenen Codes   – je mehr, desto höher der Hebel, bei sehr vielen Codes sinkt die Wahrscheinlichkeit, dass die Hauptgewinne verlost werden
  • Art der Code-Distribution  – je einfacher der Code für den Teilnehmer zu finden ist, desto wahrscheinlicher die Teilnahme
  • Produktinformationen  – Kaufhäufigkeit und –menge pro Einkauf, Produktkategorie usw.
  • Mediale Unterstützung der Aktion  – je höher der Werbedruck, desto wahrscheinlicher eine breite Teilnahme und die Verlosung der Hauptgewinne
  • Weg der Code-Einlösung  – je leichter es den Teilnehmern gemacht wird, den Code einzugeben, desto wahrscheinlicher sind hohe Responsequoten
  • Anzahl und Art der Gewinne  – je mehr Gewinne ausgelobt werden, desto wahrscheinlicher wird das Erfolgsereignis für die Teilnehmer
  • Art der Versicherung  – Komplettversicherung oder Versicherung mit Selbstbehalt? Je mehr Gewinnvolumen abgesichert wird, desto geringer die Hebelwirkung

Im Detail finden sie zu allen Punkten eine ausführlichere Information in diesem Februar-Beitrag. Diese Kriterien können als Checkliste dafür dienen, anhand welcher konzeptioneller Regler die Hebelkraft der Promotion nach oben oder unten gefahren werden kann.

Auf den Punkt gebracht: Bei einem herkömmlichen Gewinnspiel, in dessen Rahmen alle ausgelobten Preise tatsächlich verlost werden, können Sie mit einem Gewinnbudget von 5.000,- Euro also Gewinne mit genau diesem Wert ausgeben. Mit der Hebelkraft eines Code-Gewinnspiels sind Hauptgewinne im deutlich sechsstelligen Bereich möglich!

Geeignete Produktkategorien

Grundsätzlich eignen sich fast alle Warengruppen für Code-Promotions. Die Wirkung steigt – wie in den Rahmendaten oben bereits angedeutet – mit Kauffrequenz und der Gewinnrelevanz, die sich für die Teilnehmer mit der Möglichkeit verbessert, viele Codes gleichzeitig zu erwerben. Getränke (Bier, Softdrinks), einige MoPro-Kategorien (Joghurt) oder impulsstarke Süßwaren (Schokoriegel, Snacks) bieten dafür beispielsweise ideale Voraussetzungen.

Zwischen Marken-Emotion und Jahrmarkt-Reklame

Bei aller Faszination für die Hebelkraft von Code-Promotions sollten verantwortungsvolle Marketing-Manager die Markenwerte im Blick behalten. Hier die Chancen und Risiken im Überblick:

Chancen:

  • Emotionalisierung der Shopper durch Promotionthema
  • Sehr hohe Gewinnsummen möglich durch Hebeleffekt der Versicherung
  • Hoher Aufmerksamkeitsgrad, insbes. bei starker medialer Unterstützung
  • Erreichung eines (moderaten) Absatzeffekts

Risiken

  • Unterschätzen des Planungs- und Betreuungsaufwands
  • Überschätzen des Abverkaufseffekts
  • Gefahr des Abgleitens in „Jahrmarkt-Reklame“
      (=austauschbare Promotion-Botschaft der „Millionen-Gewinne“ auf Kosten von Markenkommunikation)

Kosten

Im Vergleich zu einem traditionellen Gewinnspiel entstehen bei Code-Promotions zusätzliche Kosten für
-Code-Generierung und Anbringung (Packung) bzw. Kassenbon-Belegung
-Programmierung und Betreiben der Aktionswebsite
-Digitales Clearing
-Versicherungsbeitrag

Fazit:

Code-Gewinnspiele sind eine reizvolle Variante des klassischen Gewinnspiels mit beeindruckender Hebelkraft zwischen eingesetztem Budget und Gewinnwert. Trotz verlockender Aussichten auf „Mega-Preise“ sollten Sie sich als Veranstalter immer auf die Markeninhalte konzentrieren, um nicht in die Austauschbarkeitsfalle und damit ins Risiko der beliebigen „Jahrmarkt-Reklame“ zu geraten.