Mehr Inhalt – relativer oder absoluter „Call-to-Action“?

Prozente, Gewicht oder Stückzahl?

Im Montagsbeitrag hatte ich dargelegt, dass Sondergrößen mit „mehr-Inhalt-gratis“-Auslobung populär beim Shopper und beliebt bei den Markenartiklern (und Händlern) sind. Noch nicht beantwortet ist die Frage, wie genau sollte die Sondergröße ausgelobt werden? Ist es für den Shopper relevanter und damit für den Abverkauf aktivierender, die Mehrmenge als prozentuales Plus oder absolute Mengenangabe auf der Packung zu sehen? Arbeitet die inhaltlich identische Botschaft „15% mehr Inhalt gratis“ bei einer 300 Gramm-Packung besser als „45 Gramm mehr Inhalt gratis“ oder gar die zusätzliche Stückzahl bei einzelnen Artikeln? Sicher, eine Sondergröße Batterien sollte nicht mit „20 Gramm mehr Inhalt“ beworben werden und auch bei Zahnbürsten und Rasierern könnte dieses Versprechen zu Verständnisproblemen, bei Babywindeln gar zu ungewollten Missverständnissen führen.

Kommunikative Vielfalt bei Süßwaren

Werfen wir also einen Blick auf Sondergrößen-Promotions im Februar 2020, um zu erfahren, wie diese Mechanik in unterschiedlichen Warengruppen ausgelobt wird. Knapp 100 Overfill-Aktionen finden wir für Februar in der für solche Auswertungen nützlichen Datenbank – Stand heute. Betrachten wir die besonders Promotion aktive Kategorie Süßwaren, entdecken wir alle Auslobungsvarianten: mehr Inhalt gratis mit Gramm-, Prozent- und Stück-Angaben.

Bei Riegel-Produkten zeigt sich eine sehr einheitliche Vorgehensweise:


Konsequente Auslobung der Anzahl von gratis Riegeln bei
Ferrero mit Duplo, Kinder Bueno und Kinder Riegel …

… ebenso bei den Snickers-Riegeln von Mars und Corny von Schwartau.

Anders als bei den Riegeln, finden wir bei Beutelware in der selben Subwarengruppe für vergleichbare Artikel unterschiedliche Angaben, aber sehen Sie selbst:

Was ist effektiver bei der Shopper-Kommunikation:
10% gratis oder 1 Mini-Riegel mehr im Beutel?

Fast noch interessanter bei Pralinen: hier gibt es im Hause Ferrero entweder tiefgreifende Shopperer-Insights oder aber keine klare Linie, sprich, keine Erkenntnisse, welche Auslobung die Shopper eher zugreifen lässt:

+2 Stück gratis oder besser 30g geschenkt?
Unterschiedliche Kommunikation bei Ferrero

Möglicherweise differenzieren die Frankfurter nach geschütteter (Raffaello) und gelegter (Ferrero Küsschen) Ware. Passen würde es, denn auch bei den fein säuberlich in die Tiefziehtrays gepackten Mon Chéri-Pralienen erhält der Shopper 3 Stück als gratis Geschenk. Die Angabe einer zusätzlichen Stückzahl will auch eher zum selektiven Charakter von Pralinen passen. Etwas – und sicher unfreiwillig – konterkariert wird diese Auslobung durch den vom Handel im Handzettel direkt darunter gesetzten fettgedruckten Preishinweis im Mon-Chéri-Rot von -33%.

Mehr für weniger Geld – ein doppelt guter Deal für den Shopper

Ein Beispiel dafür, dass zusätzlicher gratis Inhalt auch von Artikeln, die gelegt oder gestapelt angeboten werden, mit einer Gewichtsangabe beworben wird, liefern derzeit Nippon und die Prinzenrolle. Nebenbei bemerkt ist der abgebildete Handzettel von HIT ein Beispiel, wie POS-Marketing-Kommunikation nicht gut funktioniert: die eigentlich prominente Auslobung des 25 g gratis-Inhalts wird durch noch größere, in unterschiedlichen Farben und Formen gestaltete Flächen mit prominenten Aktionspreis-Hinweisen überlagert und verliert dadurch erheblich an kommunikativer Klarheit und Stärke. Wäre eigentlich schon wieder einen eigenen Beitrag wert, führt uns heute aber zu weit weg vom eigentlichen Thema.

Mehr Inhalt nicht in Stück- sondern als Gewichtsangabe: Nippon und die Prinzenrolle

Wie werden Sondergrößen in anderen Warengruppen beworben?

Vorweggenommen; auch hier kein eindeutiges Bild. Bei Pfanni gibt es 2 Knödel on top, während in der Püree-Packung 33% gratis zusätzlich drin sind. Der Steinhaus Tortelloni-Aktionspack bietet ein Plus von 250 g Gratisware und der Ketchup von Heinz 16% mehr Inhalt fürs gleiche Geld (und nicht etwa 125 ml gratis, obwohl dies nach subjektivem Empfinden ja auch nach „viel“ klingt).

Prozente, Gewicht und Stück … im Food-Bereich sind alle Auslobungen vertreten.

Auch in der Kategorie Körperpflege, speziell bei Rasierern, wird der Mehr-Inhalt-Vorteil nicht einheitlich kommuniziert. Während der „Call-to-Action“ bei Gillette 2 gratis Rasierer im Multipack sind, wirbt Wettbewerber Wilkinson mit „+ 33% GRATIS“. Die genaue Stückzahl in der Packung ist auf der Frontseite zusätzlich und leicht versteckt, ganz unten angegeben.

Gratis-Rasierer bei Gillette und Prozente von Wilkinson:
uneinheitliche Kommunikation bei der Herrernrasur.

Interessant: im Waschmittelbereich scheint sich eine Angabe etabliert zu haben, die wir in anderen Kategorien (noch) nicht entdeckt haben: der zusätzliche praktische Verwendungsvorteil für den Käufer. So verheißt der Kauf der Waschmittel von dalli zehn zusätzliche Wäschen gratis. Gleiche Botschaft – allerding weniger gratis – bei Sunil und Calgon.

Saubere Sache: gratis Wäschen beim Waschmittelkauf

Fazit
Sondergrößen werden innerhalb einzelner Kategorien und Warengruppen übergreifend nicht stringent und einheitlich ausgelobt. Grundsätzlich erfolgt die Bewerbung dieser Mechanik sehr sachlich über konkrete Mengen-, Gewichts- oder Prozentangaben. Den im Waschmittelsegment etablierten Gedanken, das „Mehr“ an Inhalt als Nutzen für den Verwender anzugeben, könnte man sich jedoch auch gut in anderen Warengruppen vorstellen. Dort findet man diese Idee allerdings – siehe Beispiele oben – aktuell nicht. Noch nicht? Auslobungen wie z. B. „2 Mahlzeiten gratis“ oder „6 Tage Pflege geschenkt“ wären zumindest zu überdenken. Die Eingangsfrage nach der für die Kommunikation effektivsten Auslobung des „gratis Inhalts“ wird heute leider nicht beantwortet. Dafür wären eine eigene Primärerhebung oder ein kontrollierter Markttest erforderlich. Oder gibt es aus der Lesergemeinde jemand, der diese Frage beantworten kann? Der Autor freut sich über Zuschriften dazu und wird die Ergebnisse gern veröffentlichen.