Im Blog-Beitrag vom 04. Februar beschäftigten wir uns mit der Wichtigkeit des stationären und der Bedeutungszunahme des Multichannel-Handels. Dies waren Erkenntnisse aus einer aktuellen Studie, die u. a. auch Leistungsattribute von Handelsunternehmen aus Shoppersicht untersuchte.
Die nochmalige Durchsicht der Auswertung bescherte mir heute morgen einen kleinen Aha-Moment. Konkret war das der Abschnitt, bei dem es um niedrige Preise und die Stärke des Vertrauens der Shopper zu einem Händler geht. Nun ist „Vertrauen“ ja so eine wunderbar subjektive Empfindung und kann sehr unterschiedliche Ausprägungen und Deutungen haben. Nehmen wir also Wikipedia als Orientierung. Dort ist zu lesen:
Vertrauen bezeichnet die subjektive Überzeugung (oder auch das Gefühl für oder Glaube an die) von der Richtigkeit, Wahrheit von Handlungen, Einsichten und Aussagen bzw. der Redlichkeit von Personen.
Wahrheit von Handlungen und Aussagen sowie Redlichkeit von Personen also. Gilt dann wohl auch für Institutionen und Unternehmen. Gilt auch für den Handel. Werfen Sie doch einen Blick auf die beiden folgenden Rangreihen der Händler, die nach Beurteilung der Shopper für günstige Preise und für Vertrauen stehen:
Da finden wir also in der Top-10 der „Billigen“ keinen, der unter den vertrauenswürdigsten zehn Händlern rangiert. Doch, einen gibt es: Lidl. Der Discounter der Schwarz-Gruppe hat es also geschafft, trotz (oder gar wegen?) günstiger Preise einen hohen Vertrauenswert zu erreichen. Bei allen anderen gilt: entweder sehr hohes Vertrauen wie Fressnapf, dm, Rewe, Rossmann, Edeka oder ein starkes Preis-Renommee, zuvorderst Kik, Primark, Netto und Aldi. Interessant übrigens, dass Letztgenannter nicht bei den Top-Vertrauenswürdigen auftaucht. Sollte das daran liegen, dass Aldi sein über Jahrzehnte kultiviertes Konzept des sehr puren, einfachen, schnörkel- und markenlosen Discounters verlassen hat? Wäre es möglich, dass durch immer mehr Marken, höherwertige Verkaufsflächen und Promotionsfeuerwerke das Shopper-Vertrauen gegenüber Aldi bröckelt? Sicher ein spannendes Thema, für das sich eine separate Untersuchung lohnen würde.
Heute bleibt als Fazit der oben gezeigten Rankings die Erkenntnis, dass niedrige Preise und das Vertrauen der Shopper zum Händler nicht korrelieren. Dass es wohl ganz andere Attribute sind, die vertrauensbildend wirken. Dass es dabei möglicherweise um Service und Kundenorientierung (Fressnapf, Amazon), Preisstabilität, Sortimentstiefe und Wohlfühlatmosphäre (dm, Rossmann) oder Einkaufserlebnisse (Edeka, MediaMarkt, Ikea) geht.
Vielleicht ist es aber auch so, dass sich die Shopper vor dem Hintergrund von Nachhaltigkeitsdebatten, Fairness der Erzeugerpreise etc. fragen, wie die ganz niedrigen Preise denn überhaupt zustande kommen können. Oder, um nochmal Wikipedia zu zitieren:
Als das Gegenteil des Vertrauens gilt das Misstrauen.