Knabbereien, Käse, Kunterbuntes und Kekse – die Anzeigen der Woche

Die Lektüre unserer allseits geschätzten Fachpresse aus den vergangenen beiden Wochen bescherte diesem Blog wieder einmal zahlreiche bemerkenswerte Erzeugnisse der B2B-Werbung. Einige dieser Anzeigen finden Sie heute wahlweise als Beispiel für besonders gelungene Kommunikation oder aber als Möglichkeit, Optimierungsreserven zu entdecken.

Knackig, klar und auf den Punkt – Anzeigen für Snacks

Ein schönes Beispiel dafür, wie man trotz eines textlichen Eigentors eine aufmerksamkeitsstarke, effektive Anzeige gestalten kann, liefert uns Lorenz mit der Marke Saltletts. Die Aufforderung an die Zielgruppe der Handelsmanager „Jetzt ordern für Umsatz ohne Pause“ könnte bei einigen Betrachtern des Inserats für Verunsicherung sorgen, heißt das neue Produkt der Submarken-Familie doch „Pausen Cracker“. Was also nun, Umsatz ohne diese Pause(n Cracker) oder mit Pause?
Abgesehen von dieser doppelsinnigen Wortschöpfung ist das Motiv gut konstruiert. Große Packungsabbildung plus freigestelltem Produkt in 3D-Anmutung, dazu Platzierungsfoto, Preisinformation und abschließend noch wichtige Hinweise zur Vermarktung. Gut gemacht!

Umsatz ohne Pause mit Produkten
für die Pause von Lorenz.
LZ, 15.01.2021

Schon seit einigen Jahren hat Intersnack, der Kölner Wettbewerber im Markt der salzigen Snacks, das Thema Football / Superbowl strategisch besetzt. In diesem Rahmen nutzt er prominente Präsenter, um Aufmerksamkeit für die Marke Chio in der Zielgruppe der Fans vom amerikanischen Sport zu erzielen. Ähnlich schräg und knallig wie die Spots kommt auch die Fachhandelsanzeige für das Vermarktungshighlight daher. Mit der Referenz zum Spieltag texten die Kabberbäcker „GAME DAY FÜR IHREN UMSATZ“, präsentiert vom etablierten Duo „Icke“ Dommisch und Coach Esume. Mit knappem Textanteil und reichlich Bild sorgt die Annonce für starke Präsenz.

Football Fever bei Chio:
Superbowl-Promo vom Snack-Spezialisten.
Quelle: LZ, 15.01.2021

Klare Kommunikation für „hartes“ Wasser

Übersichtlich gestaltet ist auch die Anzeige für YPSO, einem sogenannten Hard Selzer der Sektkellerei Schloss Wachenheim. Die Kommunikationshierarchie ist glasklar strukturiert, die Aufteilung zwischen Text- und Bildelementen geradezu vorbildlich. Neben dem wichtigen „NEU“-Hinweis sind Datum und Preis per Störerfeld gut erkennbar, die neuen Produkte stehen prägnant im Mittelpunkt des Inserats. Alleine die Überschrift stößt sauer auf: „DU SO. ICH SO. YPSO“. Ernsthaft? Erinnert an die – formulieren wir es positiv – „originelle“ Line einer ehemaligen Nissan-Kampagne „Er kann. Sie kann. Nissan“. Wirksame Handelsansprache ist das nicht, aber frei nach dem Motto des Berufskomikers getextet: „Besser einen potenziellen Kunden verloren als eine witzige Headline verschenkt“.

Frei nach dem alten Griechen-Spruch
„Ich trink‘ Ouzo, was trinkst Du so?“
Ypso-Inserat für den Erstauftrag.
Quelle: LZ, 15.01.2021

Gute Werbetexte sind (k)ein Glücksspiel

Wir alle kennen sie, die stereotypen Anzeigen, mit denen die Aufmerksamkeit des Betrachters dadurch gesteigert werden soll, dass Bildmotiv und Text eine scheinbare Symbiose eingehen. Gerne von Mittelständlern genommen, die mit einer einzigen Anzeige maximale Awareness erreichen möchten. Beispiele gefällig?
Headline: „XY ist kein Kinderspiel!“
Abbildung: Ein spielendes Kind

Headline: „Wir lassen Sie nicht im Regen stehen“
Abbildung: Eine Person im strömenden Regen

Headline: „Spar‘ Dir den Hürdenlauf bis zum XY“
Abbildung: Ein Hürdenläufer

Getreu dieses Duktus‘ hat sich auch der Anzeigenpoet von GS1 bemüht, maximale Aufmerksamkeit für das Inserat des Datenmanagements DQX der Kölner zu erzielen. Unter der Headline „Datenqualität ist keine Frage des Glücks“ ist ein Glückskeks abgebildet, aus dem ein Zettelchen gezogen wurde, das die Dienstleistung bewirbt. Könnte also doch Fortuna die Hände im Spiel haben, wenn Kunden die Anwendung von GS1 zur Optimierung ihrer Produktstammdaten nutzen?

Eine Frage des Glücks(kekses):
Dienstleistungen von GS1.
Quelle: LZ, 22.01.2021

Trotz Corona: Faschingsdienstag-Promo im LEH

Pfannkuchen machen glücklich – meinen zumindest einige meiner (jüngeren) Familienmitglieder. Pancakes wiederum sind happy, wenn sie mit Schwartau Himbeere übergossen werden, glaubt man dem Texter der Anzeige vom norddeutschen Konfitüre-Spezialisten. „PANCAKES lieben Samt“, behauptet der im halbseitigen LZ-Inserat. Mit dem Motiv soll das passierte Fruchtaufstrich-Sortiment bis zum angelsächsischen „Pancake Day“ (bei uns: Faschingsdienstag) beim Handel beworben und auf den Verkaufsflächen im Display platziert werden. Trotz der farbenfrohen Gestaltung und zahlreicher Einzelelemente schafft es die Komposition, nicht (zu) unruhig oder überladen zu wirken. Die wesentliche Botschaft wird unmittelbar transportiert und knappe Texte liefern ergänzende Informationen zur Aktion. Sicher beißen bei dieser Promotion einige Händler an.

Rund und geschmeidig,
die Schwartau Samt-Promotion.
Quelle: LZ, 22.01.2021

Im grünen Bereich? Preiskommunikation von Grünländer

Sie tun es schon wieder bzw. immer noch. Hatten die Hochland-Käsevermarkter aus dem Allgäu doch nach dem Gewinns des „Goldenen Windbeutels“ (dieser Blog berichtete) und der Abmahnung des Verbands Sozialer Wettbewerb e.V. entschieden, künftig auf die Auslobung der „grünen Seele“ und „von Freilaufkühen“ auf der Packung ihres Grünländer Käses zu verzichten. In der aktuellen Annonce für den Handel wird unter der Line „NACHHALTIGKEIT IST MEHRWERT“ auf den jeweils empfohlenen Normal- und Aktionspreis hingewiesen. Eines der unterstützenden Argumente im unteren Anzeigenteil ist „MEHR TIERWOHL … durch ganzjährige Bewegungsfreiheit für unsere Milchkühe“. Die aber anscheinend weiterhin im Stall stehen und nicht auf der abgebildeten grünen Wiese. Legitim, sicher … aber ob die Manager im Allgäu die Maßnahmen der Wettbewerbshüter tatsächlich als hilfreiches Warnzeichen verstanden haben, darf bezweifelt werden. Immerhin: Die Anzeigengestalter haben die Leitlinien für professionelles Layouten beachtet, die Botschaft des Inserats wird schnell transportiert, die Elemente sind gut erkennbar und übersichtlich angeordnet, so dass ein harmonischer, stimmiger Gesamteindruck entsteht.

Kein nachhaltiger Lerneffekt im Allgäu:
Anzeige für Grünländer mit der Auslobung von
„Grüner Seele“ und der „Milch von Freilaufkühen“.
Quelle: LZ, 22.01.2021

Neu von Bahlsen: Minimalismus mit Anspruch

Minimalismus liegt im Trend. Weniger ist mehr, so hört man von bewusstseinserweiterten konsummüden Wohlstandswestlern immer öfter. Dass weniger manchmal durchaus weniger ist, lernen wir von den aktuellen Inseraten des Gebäckprimus‘ Bahlsen. Anscheinend darf der Handel mit etwas äußerst Bedeutendem aus Hannover rechnen, entsprechende Andeutungen finden sich für eifrige Leser mit guten Augen in der LZ-Anzeige vom 22.01. Problematisch: der in kleiner sepiafarbener Schrift verfasste Brief von Phil Rumbol (CEO) und Verena Bahlsen (Gesellschafterin). Die Typo passt zwar optisch wunderbar zum abgebildeten historischen Keksdöschen, ist aber äußerst schwer lesbar und birgt damit ein erhöhtes Risiko „übersehen“ zu werden. Schade für den großen (Leer-)Raum im 2/1-Inserat.

Kleiner Text auf zwei ganzen Seiten:
2/1-Anzeige von Bahlsen.
Quelle: LZ, 22.01.2021

Ähnlich unklar und geheimnisvoll gibt sich die Annonce der Keks-Company eine Woche später ebenfalls in der Lebensmittel Zeitung. Ein Teil des Logos ist zu erkennen, davor ein „OHNE GLEICHEN“ Schokokeks untertitelt mit „Juni 2021“. Das kann man machen, Teaser-Anzeigen schaffen Spannung und sorgen im besten Fall für Neugier und erhöhte Aufmerksamkeit. Allerdings muss bis zur Auflösung der Vorankündigung per Inserat kontinuierlich Nachschub an Informationen kommen. Ansonsten besteht die Gefahr, dass die Neugier-Welle rasch wieder abebbt.

Reduziert ohne gleichen:
die Bahlsen Anzeige als Teaser.
Quelle: LZ, 29.01.2021

Ohne Rezept: Impfstoff aus der Spaßapotheke

Die In-Spirit GmbH aus Hövelhof ist bekannt für ihre Schnapsideen. Nein, das ist keine Beleidigung, das behaupten die Macher von solch wegweisenden Spirituosen wie „Die Flirtkomplizen“, „Quicky“ oder „Die Grillgranaten“ selbst. In schöner Tradition pseudo-witziger Produktnamen offerieren die „Freunde der Nacht“ ihren „anspruchsvollen Kunden“ (Zitate In-Spirit Website) nun Weine und Likör unter dem Label „IMPFSTOFF“. Dass das Team aus NRW bewusst mit der angespannten Corona-Lage kokettiert, verraten Über und Unterzeilen („Hohe Bereitschaft“ und „Respekt vor der Lage“). Darf man das? Dazu wird es auch im Lager der Handelsentscheider, an die sich diese Anzeige in der RUNDSCHAU (Ausgabe Februar 2021) richtet, sicher mehr als eine Meinung geben. Ich finde: Dieser „Impfstoff“ hat ein Gschmäckle!

Geistvoll oder Gaudi-Geisterfahrt?
Anzeige für den „IMPFSTOFF“ der In-Spirit GmbH
Quelle: RUNDSCHAU, Februar 2021