Kommunikative Gratwanderung auf gelber Linie – die Anzeigen der Woche

Mit diesem kurzen Impulsbeitrag widmen wir uns heute wieder einmal der B2B-Kommunikation. Anhand zufällig ausgewählter Beispiele wollen wir erkennen, wie wir es der Zielgruppe von Handelsentscheidern ganz leicht oder hingegen sehr schwer machen können, unsere Kommunikationsbotschaften zu verstehen und zu erinnern.

Guideline dafür sind – wie immer – die Gestaltungsregeln für professionelle Kommunikation die uns als Gerüst dienen, um ein gelungenes Werk kreativer, leicht verständlicher, schnell kommunizierender und überzeugender Fachwerbung zu entwickeln.

Anhand dreier Beispiele aus der Kategorie der Gelben Linie (Käse & Co.) können wir uns verdeutlichen, worauf es bei der Erarbeitung von B2B-Kommunikation ankommt.

Motiv 1 stammt von der Brazzale S.p.A. (älteste Molkerei Italiens übrigens) und bewirbt den klassischen Gran Moravia Hartkäse am rechten Seitenrand im „Milch Marketing“ Juliheft.

Ähnlich vielseitig wie die Verwendungsmöglichkeiten des Käse-Klassikers kommt diese Anzeige daher. Was wir beim Produkt schätzen, verdirbt jedoch den Genuss beim Betrachten des Motivs. Eine unüberschaubare Anzahl von Gestaltungselementen, Textfeldern und Signets wurde über das hochformatige Anzeigenfeld geraspelt. Nach einer grafischen Aufräumaktion – wir denken uns die Piktogramme nebst Text weg und setzen eine gut lesbare Typo ein – hätten wir ein klareres und effektiv wirkendes Werbemotiv.

Auch im zweiten Beispiel machen es die Gestalter den Rezipienten nicht gerade leicht, sofort zu verstehen, worin die Kernbotschaft der Anzeige besteht:

Schnell wird dem Betrachter dieses ganzseitigen Inserats zwar klar, dass es um eine Neuheit geht. Darauf weisen Überschrift und prägnanter „NEU-Störer“ im blauen Feld hin. Aber ist DAS die ‚Core Message‘? Worauf sich die Anzeigenautoren der friesischen Käserei aus Heerenveen mit der „Neu“- und „100% NATÜRLICH-“-Aussage beziehen, erfahren wir erst im unteren Anzeigenteil. „100% NATÜRLICH OHNE FARB- UND ZUSATZSTOFFE“. Kurz: „OHNE SCHNICKSCHNACK“. Zwei Punkte sind hierbei problematisch. Erstens: Der Gouda selbst ist nicht neu, was man beim ersten Betrachten des Motivs vermuten könnte. Zweitens: Die opulente grafische Inszenierung der Produkte konterkariert die leicht schnodderige Behauptung, der Käse sei „OHNE SCHNICKSCHNACK“. Eine weitere Hürde zum schnellen Erfassen der Anzeigeninhalte haben die Grafiker mit der konsequenten Verwendung von VERSALIEN aufgebaut. Gut am Motiv ist der grundsätzlich klar strukturierte Aufbau mit großer, gut lesbarer Überschrift und mittig dominierender Produktabbildung, die zusammen bereits 50% des Inserats ausmachen.

Wie es ganz einfach – und besser – klappt, eine Neuheit effektiv zu kommunizieren, zeigen uns die Anzeigenmacher der Petri Feinkost GmbH & Co KG mit dem halbseitigen Motiv für Petrella Frischkäse.

Hervorragend: Die Kernbotschaft steht direkt in der Überschrift neben dem Markennamen. Darunter groß! und gut erkennbar: eine Abbildung der beiden appetitlich arrangierten Produkte. Fast 50% Anzeigenraum erhalten die beiden neu etikettierten Frischkäsespezialitäten – vorbildlich! Weitere Texte dienen zur Unterstützung, müssen aber nicht zwingend gelesen werden, um die Message der Annonce mitzunehmen. Dekorativ eingebaute Zutaten-Fotos von Schnittlauch oder Paprika lenken weder von den Texten, noch vom abgebildeten Produkt ab, sondern sorgen für emotionale Verstärkung.
POS_HOTS-Bewertung: hervorragend!

Abschließend folgt auch heute wieder der obligatorische Hinweis darauf, dass die Bewertung von zufällig ausgewählten Anzeigenmotiven alleine dem Ziel dient, Tipps dafür zu geben, wie B2B-Kommunikation funktioniert – oder eben auch nicht. Basis für diese Einordnungen sind zahlreiche Werbewirkungs-Studien und die als Konsens erachteten, allgemein gültigen Regeln für effektive Gestaltung. Nur zu gut weiß ich als Praktiker von den Zwängen und (scheinbar) unabänderlichen Rahmenbedingungen bei der Entwicklung von Kommunikationserzeugnissen.