Zehn der insgesamt zwölf bestimmenden Top-Treiber für das Geschäft mit FMCG während und nach der Corona-Pandemie wurden hier im Blog bereits vorgestellt. Heute beschäftigen wir uns mit der Veränderung der stationären Verkaufsflächen im LEH. Dabei geht es um Flächengrößen und deren Nutzung, um Konzepte, wie die vorhandenen Outlets in Bezug auf Shopper-Anforderungen und passend zur Infrastruktur intelligent konfiguriert werden können und um Ansätze für die FMCG Industrie, wie sie den analogen Retail auch künftig gewinnbringend nutzen kann.
Top-Treiber 11: Outlet Flexibilisierung
These: Die Verkaufsflächen des stationären Handels werden heterogener und flexibler
In Bezug auf die Verkaufsflächengröße und die Art deren Nutzung zeichnet der Einzelhandel ein zweigeteiltes Bild. Auf der einen Seite experimentieren nahezu alle führenden LEH-Betreiber mit kleinen und kleinsten Outlets in Form von autonomen Stores zur Grundversorgung in meist urbanen Umfeldern. Europaweit gibt es derzeit mehr als 20 verschiedene Store-Konzepte, bei denen Kunden rund um die Uhr einkaufen können, ohne dass dazu (Verkaufs-)Personal im Laden sein muss (u. a. teo, Edeka 24/7, shop.box, Amazon Go). Andererseits fand und findet derzeit um die Großflächen von Real ein Bieterwettstreit zwischen Edeka, Kaufland (Schwarz) und weiteren LEH-Betreibern (u. a. Globus, Bünting) statt. Es ist also für die kommenden Jahre davon auszugehen, dass sehr unterschiedliche Flächenkonzepte mit flexiblen Instore-Konzepten bespielt werden müssen.
Der LEH professionalisiert zudem seine Ladenkonzepte zusehends, nicht zuletzt vor dem Hintergrund lokaler Anforderungen. Im Rahmen von „Total-Store-Konzepten“ optimieren engagierte Händler ihre Outlets auf Basis von Standortanalysen, Shopper-Studien, Sortimentsrenditen und Flächenproduktivitätszielen.

des Total-Store-Konzepts.
Quelle: GS1
Weiterhin kann nach heutigem Kenntnisstand davon ausgegangen werden, dass sich der LEH – sofern er nicht selbst liefert – als Pick-up-Partner für Lieferdienste etablieren wird (aktuelles Beispiel: Tegut mit Amazon).
Neben der anhaltenden Tendenz zum Trading-up quer durch alle Handelsbetriebsformen wird die Flexibilisierung der vorhandenen Fläche eine immer größere Rolle für den LEH spielen. Um schnell auf Trends, Wettbewerbermaßnahmen und Shopper-Anforderungen reagieren zu können, müssen Outlet-Konzepte ganzheitlich gedacht werden – immer unter dem Aspekt rascher Veränderungsmöglichkeiten. Alle relevanten Angebote des Marktes werden dabei berücksichtigt: von der Frischeinsel über Highlight-Kategorien bis zum gastronomischen Angebot und Eventflächen. Ein gutes Beispiel dafür ist der Migros „Bridge“ Markt in Zürich; u. a. mit Regalen und Warenträgern auf Rollen.

flexible Warenpräsentation bei „BRIDGE“ in Zürich
In diesem Spannungsfeld ist es an der FMCG-Industrie, für diese dynamischen Veränderungen im LEH gewappnet zu sein. Alle Flächentypen und -größen müssen mit jeweils passenden Konzepten bespielt werden.
Auf (autonomen) Kleinflächen sollten Ankermarken präsent sein, auch wenn der Handel dort primär seine Eigenmarken erlebbar machen möchte. Hier gilt es, insbesondere für Category Leaders, rechtzeitig in die Gespräche mit den Handelspartnern einzusteigen und überzeugende Argumente zu liefern.
Wie in Top-Treiber 5 bereits angerissen, werden die großen LEH-Flächen auf Dauer nur dann ihre Berechtigung aufrecht erhalten können, wenn sie die Shopper mit innovativen Vermarktungs- und Präsentationskonzepten überzeugen. Die Fahrt zum SB-Warenhaus muss sich weiterhin lohnen, denn ein großer Teil des klassischen „Bulk-Shopping“ von Gütern des täglichen Bedarfs wird zusehends über E-Commerce abgewickelt. Ein Trend, der sich im Moment abzeichnet, ist die Entwicklung der Hypermarkets zu (Food-) Erlebnis-Tempeln mit einem abwechslungsreichen gastronomischen Angebot, Frischetheken und -inseln sowie Markenerlebnis-Räumen und Shop-in-Shop-Konzepten.
Die FMCG-Industrie wird demzufolge nicht umhinkommen, in die prominente Präsenz ihrer Brands zu investieren. Es sind Konzepte gefragt, die die Marke von morgen am POS mit allen Sinnen erlebbar machen. Die Warenpräsentation muss dabei zwei zentrale Anforderungen erfüllen: Das Live-Erlebnis sollte die Marke und ihre Attribute vs. Shopper transportieren und sich gleichzeitig harmonisch in die Erlebniswelt des Marktes integrieren lassen.
Marken müssen künftig also beides leisten: Die Erfüllung rein funktionaler Verbraucherbedürfnisse als „Commodities“ und die Begeisterung der Shopper auf ausgewählten Präsentationsflächen des Handels als „Love Brand“. Beides im Schulterschluss mit dem jeweiligen Handelspartner in Bezug auf seine Flächenkonzepte.